Hat sich die Arbeit des Stadtrats generell verändert in der Zeit, die Sie überblicken können?
Was ich beobachtet habe, ist, dass die Vollversammlung des Gemeinderats als Diskussionsforum an Bedeutung verloren hat. Die eigentlichen Entscheidungen werden in den Ausschüssen oder im Ältestenrat vorberaten und sortiert. Im Gemeinderat werden dann . . .
Fensterreden gehalten?
. . . zumindest kaum noch wirkliche Debatten geführt. Eigentlich werden dort nur noch die Entscheidungen besiegelt, die vorher in den anderen Gremien bereits getroffen wurden. Ich hätte gern, dass im Plenum wieder mehr stattfindet.
Ist deswegen auch das öffentliche Interesse bei Gemeinderatssitzungen so gering?
Ich denke schon. Hinzu kommt, dass sich im Zeitalter der Massenkommunikationsmittel wir Stadträte während der Sitzung mit unseren Laptops und Handys beschäftigen und uns bei Diskussionen gar nicht mehr in die Augen sehen. Die überbordende Elektronik erzeugt Unaufmerksamkeit und verursacht Kommunikationslosigkeit.
Manchmal reden sich die Räte über die Sanierung eines Tennenplatzes stundenlang die Köpfer heiß – für große Themen, die die Gesamtstadt betreffen, bleibt nicht mehr viel Zeit. Was halten Sie denn generell von einer Entschlackung der Tagesordnungen?
Das ist tatsächlich eine große Herausforderung für die jeweiligen Sitzungsleiter, die Referenten. Ich denke, sie müssten solche Dinge häufiger moderieren. Es liegt ja im Wesen aller politischer Parteien, dass sie gerne mal so tun, als ob sie das Rad neu erfinden könnten. Das führt unweigerlich zu Wiederholungen von bereits oft Gesagtem. Der Ertrag geht meist gegen Null. Man sollte als Stadtrat auch nicht glauben, dass es so sehr auf einen selbst ankommt. Wir alles sind Teil in einer Maschinerie aus Verwaltung und Bürgerschaft, die die Stadt voranbringen will. Da ist es nicht entscheidend, wer etwa einen Antrag zuerst gestellt hat.