Claus-Peter Hutter kämpft seit Jahrzehnten um die Streuobstwiesen im Land. Sein Dank gilt den vielen Leuten, die ohne Gewinn eine Wiese bearbeiten.

Marbach am Neckar - Die Obsternte fällt in diesem Jahr hevorragend aus – auch bei den Streuobstwiesen. Doch diese sind noch immer gefährdet.

 

Herr Hutter, Sie sind nicht nur Leiter der Umweltakademie, sondern selbst Eigentümer von Streuobstwiesen. Wie weit sind Sie denn mit der Ernte?

Wir bewirtschaften drei Obstwiesen, die noch aus der Zeit meines Urgroßvaters stammen. Viele Äpfel sind dieses Jahr schon früh gefallen, und die kann man ja nicht vergammeln lassen. Und jetzt kommt das Obst, das wir von den Bäumen schütteln und zu Apfelsaft in Bag-in-Boxen verarbeiten, aber auch zu edlen Destillaten. Der große Rest wird abgegeben. Insgesamt war ich sicher schon gut ein Dutzend Mal zum Ernten auf den Wiesen.

Warum tun Sie sich die Arbeit an?

Die Ausbeute steht natürlich in keinerlei Verhältnis zum Aufwand. Aber deswegen macht man es ja nicht. Es ist eine Familientradition. Man ist draußen in der Natur, sieht das Werden und Vergehen. Und es besitzt auch eine ungeheure generationenübergreifende Dimension. Wenn ich heute einen Baum schneide, den mein Urgroßvater gepflanzt hat, gebe ich meinem Ahnen indirekt die Hand. Und die Bäume, die ich gepflanzt habe, werden irgendwann hoffentlich von meinen Nachkommen bewirtschaftet, und so gebe ich ihnen die Hand.

Den Naturschutz haben Sie ganz vergessen.

Das ist ja selbstredend. Obstwiesen gehören bei uns zu den artenreichsten Flächen. Für mich ist es eine große Freude, wenn ich im Sommer Gartenrotschwanz und Mönchsgrasmücke oder gar einen Steinkauz beobachten kann.

Es gibt sehr viele Bemühungen, die Streuobstwiesen zu erhalten. Wie erfolgreich sind sie?

Zum Glück finden wieder mehr junge Leute Spaß daran, einen Obstgarten zu bewirtschaften. Aber eine Trendwende haben wir noch lange nicht geschafft. Die Umweltakademie hat eine Initiative gestartet mit dem Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft. Dieser hat mehrere Kompetenzzentren für Obstbau eingerichtet. Dort vermitteln wir gemeinsam ganz handfeste Tipps für künftige Praktiker. Derzeit werden die Trainer ausgebildet, bald kann jeder Kurse absolvieren. Bei Interesse einfach per Mail beim Landesverband nachfragen.

Ist das Grundproblem nicht eher, dass die Bewirtschaftung zu wenig einbringt?

Für die Besitzer kleiner Wiesen ist es meist eher uninteressant, sich zum Beispiel für Bio zu zertifizieren. Klar müssen wir zusehen, dass die Obstwiesen mehr Ertrag bringen. Aber vielen Menschen mangelt es gar nicht an Geld oder Zeit, sondern an der Motivation, etwas für die Natur und für die eigene Gesundheit zu tun. Da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten, wie wunderschön es sein kann, mit der Familie eine Obstwiese zu pflegen. Alle, die das tun, ohne damit etwas zu verdienen, sind wahre Helden der Landschaft. Sie sorgen dafür, dass wichtige Lebensräume und kleine Klimaschutzkammern erhalten bleiben.

Wie viel Geld müsste man denn investieren?

Eine Wiese zu kaufen kostet etwa zwei Euro pro Quadratmeter, rund um Stuttgart teils mehr. Sonst braucht man zunächst kaum mehr als eine Baumsäge, eine Astschere und zum Mähen eine Motorsense. Das ist man mit ein paar Hundert Euro dabei.