Exklusiv Nikolaus Schneider sieht das von Papst Franziskus propagierte Leitbild einer armen Kirche skeptisch. Man brauche das Geld, argumentiert der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands im StZ-Interview.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) klagt, die Debatte über Kirchenfinanzen werde unfair geführt. Und der Streit um die Präses sei kein Betriebsunfall.
Herr Schneider, Sie sind schon 66 und haben Ihr Amt als Präses im Rheinland aufgegeben. Denken Sie da manchmal an Ruhestand als EKD-Ratsvorsitzender?
Bevor ich 65 wurde, haben wir das in der Kirchenkonferenz besprochen. Denn eigentlich ist es üblich, dass ein aktiver leitender Geistlicher Ratsvorsitzender ist. Das Problem hernach war: Wie bringe ich es meiner Frau bei. Wir hatten uns nämlich schon auf den Ruhestand eingestellt.
Hat Ihnen dieser Entschluss in den vergangenen Monaten, als es wegen des Familienpapiers der EKD Kritik hagelte, leid getan?
Nein, wenn ich Ja sage zu dem Amt, dann mit allem, was dazu gehört. Das heißt auch, öffentliche Kritik aushalten zu können.
Welche Konsequenz ziehen Sie aus dem Streit? Binden Sie die Basis künftig besser bei Verlautbarungen ein?
Der EKD-Rat hat eine eigene Leitungsaufgabe. Er kann daher in unterschiedlicher Weise öffentlich Stellung beziehen. Das sollte er auch weiter tun. Wir denken aber daran, den Informationsfluss zwischen Rat und Synode auszubauen. Zudem erwägen wir, Gespräche oder Symposien im Vorfeld zu veranstalten bei Veröffentlichungen, die jeden Einzelnen in der persönlichen Identität betreffen – wie Ehe und Familie – und die eine starke emotionale Seite haben.
Auch bei der Wahl der neuen Präses zeigte sich die EKD-Synode zerrissen. Hat es an einer guten Vorbereitung der Wahl gefehlt?
Synodale Prozesse lassen sich nur zum Teil steuern. Da hilft die beste Vorbereitung, die es gab, nichts. Wenn es in zwei Wahlgängen kein Ergebnis gibt, ist das kein Betriebsunfall. So etwas ist im parlamentarischen Verfahren ganz normal. Mit Frau Irmgard Schwaetzer hat sich zum Schluss ja auch eine hervorragende Kandidatin durchgesetzt. Sie bringt große politische Erfahrungen mit und engagiert sich auch in der Gemeindeleitung des Berliner Doms. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.