Vizeministerpräsident und SPD-Landeschef Nils Schmid bekennt sich vor dem Flüchtlingsgipfel zur Tradition der Zuwanderung und wendet sich gegen Hassparolen. Die Probleme der Unterbringung will das Land mit einer interministeriellen Task Force lösen.

Stuttgart – - Zum zweiten Mal hat die grün-rote Landesregierung für den Montagabend die Akteure der Flüchtlingsbetreuung zu einem Gipfeltreffen eingeladen. Der Problemdruck ist gewachsen. Der Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) erläutert einige Ideen der Regierung.
Herr Schmid, am Montagabend findet der zweite Flüchtlingsgipfel statt. Die Lage ist angespannt, nicht nur, weil die Flüchtlingszahlen steigen. Seit Freitag weiß man, dass der Brand in einer Asylunterkunft in Remchingen auf einen Anschlag zurückgeht.
Es ist sicher eine herausfordernde Aufgabe, die wachsende Zahl von Flüchtlingen in Baden-Württemberg aufzunehmen. Aber wir dürfen als Gesellschaft nicht denjenigen das Feld überlassen, die Hass und Gewalt predigen oder gar anwenden. Da müssen wir alle zusammenstehen. Schließlich geht es um Menschen. Gerade Baden-Württemberg hat eine gute und lange Tradition von Zuwanderung. Wir sind auch darauf angewiesen, neue Fachkräfte zu gewinnen. Wir müssen deutlich machen: Hier gibt es keinen Platz für Hass und Rassismus.
Die Politik wird nicht müde, das Engagement von ehrenamtlichen Helfern in der Flüchtlingsbetreuung zu loben. Sind die denn beim Flüchtlingsgipfel auch vertreten?
Wir haben alle zivilgesellschaftlichen Organisation eingeladen, die in der Flüchtlingshilfe mitwirken. Von den Kirchen über den Flüchtlingsrat bis zu den Sozialverbänden. Wir haben ein wirklich herausragendes Engagement und wollen auch darüber reden, was wir tun können, um dieses Engagement weiter zu unterstützen.
Hat sich die Politik – auf allen Ebenen – nicht zu sehr auf die Ehrenamtlichen verlassen? Denn wir reden jetzt doch über die gleichen Themen wie vor einem Jahr. Oder ist der Eindruck falsch?
Der Eindruck ist falsch. Auch die Hauptamtlichen in den Verwaltungen arbeiten mit Hochdruck. Das sieht man daran, was die Landratsämter und Kommunalverwaltungen, aber auch was unsere Landesbehörden leisten. Die ehrenamtlichen Netzwerke sind zudem deutlich verstärkt worden. In der Bevölkerung ist eine unglaubliche Hilfsbereitschaft da. Das zeigt, wie weltoffen und solidarisch Baden-Württemberg ist.
In jüngerer Zeit mehren sich die warnenden Stimmen, die Stimmung in der Bevölkerung könnte kippen. Wie spüren Sie das?
Wir wissen aus den Städten und Gemeinden, auch in meinem Wahlkreis, dass die wachsende Zahl von Flüchtlingen eine Herausforderung ist. Es steht völlig außer Frage: Die Lage ist angespannt. Das macht sich vor allem an der Unterbringung fest. Natürlich muss man auch viel für die soziale- und die Arbeitsmarktintegration für die Leute mit Bleibeperspektive tun. Auch über das Asylverfahren und die Rückführung werden wir beim Gipfel sprechen. Aber zunächst müssen wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Land und Kommunen, aber auch mit Hilfe von Kirchen und anderen Organisationen, die Unterkünfte einbringen können, die Unterbringung sicherstellen. Wir haben als Land die Zahl der Erstaufnahmestellen massiv hochgefahren. Wir werden im August zwei weitere in Mannheim und Sigmaringen in Betrieb nehmen und weiter mit Hochdruck daran arbeiten, dass wir so viele Plätze vorhalten, wie Flüchtlinge zu uns kommen.