Trotzdem wird Schönheit mit Glück und Erfolg konnotiert. Und deshalb müssen Sie diese Schönheit doch wegspielen, oder?


Ich muss vielleicht gelegentlich dagegen anspielen, ja. Dann aber nehme ich das Äußere als Widerstand, an dem sich das Bild meiner Figur schärfen kann. In "Öl" halte ich diesen Widerstand auch bewusst aufrecht: Meine Eva sieht längst nicht so elendig aus, wie sie sich fühlt, sie lässt sich immer wieder die Haare machen, damit sie nicht völlig versifft in der Wohnung rumhängt - sonst käme mir diese Figur auch zu grob gezeichnet vor! Insofern bietet die Diskrepanz zwischen Außen und Innen auch die Chance, das unerwartbar Verletzliche einer Figur herauszukitzeln.

"Öl" handelt von Leuten, die ein nicht näher definiertes Landausbeuten wollen...


... das mir aber im Grunde dennoch einigermaßen bekannt ist.

Eben. Sie engagieren sich, in den Fußstapfen Ihres Vaters Willi Hoss, für Indianer in Brasilien. Hat Ihnen das den Zugang zu dem Stück von Lukas Bärfuss erleichtert?


Wahrscheinlich schon. Wenn in dem Stück von Menschen berichtet wird, die aus ihrer Heimat vertrieben werden, habe ich konkrete Bilder und Erfahrungen im Kopf. Ich sehe dann in Augen, in die ich tatsächlich schon gesehen habe, als mir Menschen in Brasilien von der Vertreibung aus ihrem Lebensraum erzählt haben, Augen voller Verzweiflung und Ohnmacht. Ich muss da nicht ins Blaue hineindenken und hineinspielen - und das hilft auf der Bühne sehr.

"Öl", dieses Drama der skrupellosen Glücksritter, könnte also auch in Brasilien spielen?


Absolut!

Wie helfen Sie denn den Indianern im Regenwald ganz konkret?


Ich habe mittlerweile einen eigenen Verein gegründet, Tesuoro Verde, der "grüne Schatz", um die Indianer zu unterstützen. Ich kenne den Stamm der Ka'apor über meinen Vater, der mit ihnen zusammengearbeitet hat. Und die Ka'apor haben zu mir gesagt: Uns geht es wie damals, als wir Willi kennengelernt haben, uns wird das Land geraubt, obwohl uns der Staat offiziell Schutz zugesagt hat. Aber die illegalen Holzfäller roden trotzdem den Wald, sie zerstören unsere Lebensgrundlage. Hilf uns!

Und wie machen Sie das?


Das ist natürlich nicht leicht. Anders als mein Vater damals bin ich ja noch kein Rentner mit viel Zeit, ich muss versuchen, so viel wie möglich in meinen Berufsalltag zu integrieren. Und in meinen Ferien ...

... die bei Ihnen eher selten sind...


... kann ich nach Brasilien fliegen, in den Bundestaat Pará, wo die Ka'apor leben. Ich muss ja schauen, ob die Gelder, die ich sammle, auch ankommen und sinnvoll verwendet werden, ohne gewachsene Strukturen zu zerstören. Zunächst habe ich die Ka'apor beim Kauf von Booten unterstützt, die sie brauchen, um mit Waren zu handeln - und um Patrouille zu fahren: Wenn sie illegale Holzfäller entdecken, melden sie das der Polizei. Aber langfristig muss ich mir vor Ort ein Netzwerk aufbauen, ich kann nicht immer hinfliegen.

Bleiben wir bei Ihrem politischen Engagement: Sie sitzen Ende des Monats wieder für die Grünen in der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten. 2004 haben Sie die rot-grüne Gesine Schwan gewählt...


...und diesmal werde ich für Joachim Gauck stimmen. Ich halte ihn für eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die uns aufgrund ihres Lebenslaufs und ihrer Lebensleistung viel zu sagen hat. Gauck ist jemand, der integrativ sein kann, aber auch unbequem. Ich wäre froh, wenn er unser nächster Bundespräsident werden würde.