Kultur: Ulla Hanselmann (uh)
Am 3. Oktober lassen Sie die SWR-Zuschauer mit Hilfe des Internets ihr Wunschprogramm zusammenstellen. Solche Projekte sind schön und gut, doch an der altbacken-betulichen Gesamtanmutung des SWR Fernsehens hat sich nichts geändert, obwohl Sie auch hier eine Verjüngungs- und Modernisierungskur angekündigt haben.

Das sehe ich anders. Es wird durchaus wahrgenommen, dass es der SWR ist, der so etwas wie "Alpha 0.7" wagt und mit der multimedialen Ausstrahlung von "Rock am Ring" bundesweit Aufsehen erregt. Das hat schon jetzt unser Image positiv verändert.

 

Und wie sieht dieses Image aus?

Der SWR ist offen für Neuerungen. Der SWR experimentiert und probiert aus. Wir fördern innovative Programme, auch schräge Ideen haben bei uns eine Chance. Im Übrigen erfolgt eine solche Programmveränderung nicht dadurch, dass man die Revolution probt. Das ist permanenter Feinschliff am Programm. Ich will nicht kurzfristige Knalleffekte erzeugen, sondern zu einem Klima der Innovation kommen.

Die neue SWR-Sendung "Leckere Landpartie", bei der Landfrauen um die Wette kochen, ist nicht wirklich jung und frisch!

Schauen Sie mal genauer hin. Da darf man sich nicht nur von persönlichen Sympathien oder Antipathien leiten lassen. Das Genre passt durchaus in ein Programm, das sich der Regionalität verschrieben hat. Tonalität und Bildsprache stimmen, und das durchaus jüngere Publikum goutiert's.

Bislang ist ein Jugendprogramm reines Wunschdenken von Ihnen. Die ARD-Intendantenrunde wie die ARD-Vorsitzende Monika Piel haben Ihnen Abfuhren erteilt.

Als Abfuhr habe ich das nicht verstanden. Die Notwendigkeit eines Jugendkanals wird von niemandem bestritten, wir können ihn im Moment nur nicht finanzieren. Gemeinsam mit dem ZDF, mit dem die ARD ja auch schon beim Kinderkanal, bei Arte, 3Sat und Phoenix kooperiert, würden wir es schaffen, einen Jugendkanal zu etablieren.

Der ZDF-Intendant Thomas Bellut hat ebenfalls heftig mit dem Kopf geschüttelt.

Gute Ideen brauchen manchmal Zeit, um zu reifen und zum Erfolg zu kommen.

Zu den drei Digitalkanälen der ARD, Eins Extra, Eins-Festival, Eins Plus, käme ein vierter hinzu?

Nein, ich denke nicht an eine Ausweitung, sondern wir müssten die bestehenden Kanäle stärker auf die junge Zielgruppe ausrichten. Wir haben ja schon eine Reihe von Formaten und Sendungen, mit denen wir junge Menschen erreichen, wie zum Beispiel Pierre M. Krauses Wissenscomedy "Es geht um mein Leben", die für Eins Plus produziert und im SWR wiederholt wird, oder "Nie wieder keine Ahnung" mit Enie van de Meiklokjes. Wenn wir all das in einen solchen Kanal bündeln, dann haben wir schon beinahe einen Jugendkanal.

Woran hapert's dann noch?

Wir müssen dafür in der ARD Geld freischaufeln, aber die finanzielle Frage wird ohnehin zu konventionell betrachtet. Pfiffige Konzepte für junge Leute lassen sich mit weniger Geld stemmen als klassische Fernsehformate. Das beweisen wir in unserem Programmlabor in Baden-Baden, wo Hörfunkmitarbeiter von Das Ding mit Fernsehkollegen Spin-offs aus erfolgreichen Radiosendungen fürs Fernsehen entwickeln. Mehr schräge Ideen, weniger technischer Aufwand, weniger Hochglanzperfektion - das ist der richtige Weg.

Was könnte in einem Jugendkanal noch auf dem Programm stehen?

Ein trimediales Projekt wie "Alpha 0.7", das zeitgleich im Radio, im Internet und im SWR Fernsehen gelaufen ist und die Zuschauer mit einbezogen hat. Damit haben wir ein Zeichen gesetzt. Aber es ist nicht so, dass wir uns auf einer kleinen Experimentierecke im Dritten verstecken. Anfang 2012 werden wir auch im Ersten bei einem Lena-Odenthal-"Tatort" auf die Beteiligung der Zuschauer setzen. In der Folge "Der Wald steht schwarz und schweiget" werden die Zuschauer online bei der Täterermittlung beteiligt.

"Der SWR ist offen für Neuerungen"

Am 3. Oktober lassen Sie die SWR-Zuschauer mit Hilfe des Internets ihr Wunschprogramm zusammenstellen. Solche Projekte sind schön und gut, doch an der altbacken-betulichen Gesamtanmutung des SWR Fernsehens hat sich nichts geändert, obwohl Sie auch hier eine Verjüngungs- und Modernisierungskur angekündigt haben.

Das sehe ich anders. Es wird durchaus wahrgenommen, dass es der SWR ist, der so etwas wie "Alpha 0.7" wagt und mit der multimedialen Ausstrahlung von "Rock am Ring" bundesweit Aufsehen erregt. Das hat schon jetzt unser Image positiv verändert.

Und wie sieht dieses Image aus?

Der SWR ist offen für Neuerungen. Der SWR experimentiert und probiert aus. Wir fördern innovative Programme, auch schräge Ideen haben bei uns eine Chance. Im Übrigen erfolgt eine solche Programmveränderung nicht dadurch, dass man die Revolution probt. Das ist permanenter Feinschliff am Programm. Ich will nicht kurzfristige Knalleffekte erzeugen, sondern zu einem Klima der Innovation kommen.

Die neue SWR-Sendung "Leckere Landpartie", bei der Landfrauen um die Wette kochen, ist nicht wirklich jung und frisch!

Schauen Sie mal genauer hin. Da darf man sich nicht nur von persönlichen Sympathien oder Antipathien leiten lassen. Das Genre passt durchaus in ein Programm, das sich der Regionalität verschrieben hat. Tonalität und Bildsprache stimmen, und das durchaus jüngere Publikum goutiert's.

Auch Ihre Nachrichtensendungen wirken immer noch steif und ziemlich bieder.

Vielleicht verwechseln Sie bieder mit seriös. "Landesschau aktuell" braucht keine Effekthascherei. Da geht es um klassischen Journalismus, Fakten und Glaubwürdigkeit. Außerdem wollen wir in einem dritten Programm nicht dem Jugendwahn frönen, das wäre ein falscher Ehrgeiz. Hier zielen wir auf die Mitte der Gesellschaft. Das bedeutet aber nicht, dass wir im SWR Fernsehen nicht auch Experimente wagen müssen.

Dazu zählt auch das Format "Ausflug mit Kuttner". Seit der ersten Folge mit Lena Meyer-Landrut im Mai ist Frau Kuttner in der Versenkung verschwunden. Schade!

Die Sendung wird fortgesetzt. Zwei neue Folgen mit Til Schweiger und Mathias Schweighöfer werden momentan produziert und sind Ende September fertig.

Sie haben für das SWR Fernsehen einen Experimentierplatz angekündigt.

Wir haben in der Vergangenheit etwas zu wenig gewagt, das soll sich ändern. Dazu brauchen wir frische Ideen für ein zeitgemäßes Programm. Wir starten einen SWR-internen Ideenwettbewerb, der es uns ermöglicht, auf einen Schlag gleich mehrere neue Formate auszutesten. Eine Jury wird im Herbst über die Vorschläge entscheiden, dann werden wir einen Programmplatz bereitstellen.

Für wie gravierend halten Sie die Verwicklungen des SWR in die MDR-Affäre um den Unterhaltungschef Udo Foht?

Der SWR ist nicht in die MDR-Affäre um Herrn Foht verwickelt. Anscheinend hat Herr Foht Geld von einem Auftragnehmer, der Produktionsfirma Kimmig, genommen. Dem SWR ist aber hier nach jetzigem Wissen kein Schaden entstanden.

Modernisieren und Sparen

Auftrag:Peter Boudgoust (56) wurde als Intendant des Südwestrundfunks (SWR) im Juni in Mainz für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. 2007 hatte der Jurist die Nachfolge von Peter Voß angetreten. Von 2009 bis 2010 war er turnusgemäß ARD-Vorsitzender.

Ziele: Beim SWR hat Boudgoust einen umfassenden Reform- und Modernisierungsprozess angestoßen; gleichzeitig muss er ein Sparprogramm durchziehen: Bis 2020 soll der Etat um 15 Prozent schrumpfen; auch die Zahl der der rund 3600 Mitarbeiter soll sich um 15 Prozent reduzieren.