Lokales: Christine Bilger (ceb)

Es ist immer wieder die Rede von rund 9000 Polizisten, die für die Einsätze in die Stadt geholt werden. Was ist an dieser Zahl denn dran?

 

Wir liegen deutlich darunter, zumal wenn es ab nächster Woche nur um den Südflügel gehen würde. Mehrere Tausend werden es schon sein. Deswegen haben wir ja auch Hotelzimmer reserviert. Geplant ist aber auch, dass wir, wenn sich die Lage beruhigt, Kräfte nach Hause schicken. Wir wollen ja niemanden unnötig von seiner eigentlichen Dienststelle abziehen. Der starke Kräfteeinsatz ist auch ein Baustein unserer Deeskalation – damit wir einen Schichtdienst einteilen können. Wir wollen die Beamten nicht an die psychische und physische Belastungsgrenze bringen. Für uns ist wichtig, dass Ruhe und keine Hektik beim Einsatz herrscht, deswegen wollen wir immer wieder frische Kräfte bringen. In der Auswertung des Einsatzes vom 30. September ist zu lesen, dass ein Abbruch eine Option gewesen wäre, die den schlimmen Verlauf mit Verletzten durch Wasserwerfer verhindert hätte.

Wann brechen Sie ab?

Der Abbruch ist dann eine Option, wenn es chaotisch und nicht mehr überschaubar ist. Was dafür genau vorfallen muss, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Aber auch das ist eines mehrerer Szenarien, die wir durchgespielt haben.

Nur ein bisschen?

Wir sind Kummer gewohnt und unerwartete Situationen gehören zur Sozialisation bei der Polizei. Aber nun haben wir monatelang geplant. Außerdem hatten wir die Kollegen nicht nur hier im Präsidium, sondern landesweit gebeten, ihre Urlaubspläne auf die Einsätze beim von der Bahn geplanten Abriss des Südflügels und bei den Baumfällarbeiten im Schlossgarten abzustellen. Keine Urlaubssperre, das hätten wir nicht gemacht. Wir vertrauen auf die Motivation der Beamten.

Sie haben jetzt die weitere Planung ausgesetzt – an welchem Punkt, was war noch zu tun?

Wir wollten kurz vor Weihnachten in die Umsetzung unserer Pläne und in die Feinabstimmung einsteigen, um noch mögliche Synergien herauszuarbeiten. Auch Verläufe sollten noch getestet und möglicherweise optimiert werden, all das war noch zu tun. Dazu kam es nun nicht, aus Gründen, die nicht wir zu verantworten haben.

War Ihnen das Fällverbot bewusst?

Wir hatten das immer irgendwie im Hinterkopf – es gab ja auch im Sommer Strafbefehle gegen Mitarbeiter der Bahn wegen der Fällungen am 1. Oktober 2010. Das hat uns das auch wieder vor Augen geführt. Aber das ist zunächst einmal nicht unser Problem, sondern das der Bahn. Wir dachten immer, die Projektverantwortlichen würden das schon klären. Nachgefragt haben wir dann wieder nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts im Dezember, das einen Baustopp verhängte. Erst dann haben wir erfahren, dass sich an der Situation nichts mehr geändert hat, seit das Eisenbahnbundesamt (Eba) das Fällverbot am 5. Oktober 2010 verhängt hatte.

Was bedeutet das für Ihre weitere Planung?

Zunächst einmal sind wir, wie ich immer wieder sage, an Recht und Gesetz gebunden. Wir wollen keine unrechtmäßigen Bautätigkeiten schützen. Wenn die Genehmigung nicht da ist, dann wäre unser Einsatz nicht rechtmäßig. Zum anderen hängt ein scharfes Schwert über unseren Häuptern, das betrifft die Finanzen. Ich bin an der Behördenspitze für den Haushalt verantwortlich, und daher zum wirtschaftlichen Umgang mit den Geldern aufgerufen.

Ganz von vorne beginnen

Noch mal zum Termin: Wenn heute die Unterschrift käme, könnten Sie bis nächsten Donnerstag den Einsatz auf die Beine stellen, um die Fällarbeiten zu begleiten?

Nein. Das schließe ich aus.

Wie lange würde es dauern, wenn Sie die Planungen jetzt wieder aufnähmen?

Da kann und will ich keine genaue Frist nennen. Das Ganze wird dadurch kompliziert, dass wir nicht nur aus Baden-Württemberg, sondern auch aus anderen Bundesländern Kräfte brauchen. Die stehen nicht alle für Stuttgart 21 bereit. Es hat natürlich schon Vorgespräche gegeben. Aber da müsste man jetzt von vorne beginnen.

Der Schutz der Arbeiten am Südflügel ist von Ihrer Entscheidung nicht betroffen, oder?

Nein, dort haben wir eine andere rechtliche Grundlage.

Ist die Räumung des Schlossgartens, falls die Zeltdorfbewohner nicht, wie von der Stadt verfügt, bis zum kommenden Donnerstag abziehen, rechtlich auch möglich, unabhängig von den Baumfällungen?

Rechtlich ja. Denn es gibt ja die Allgemeinverfügung der Stadt, die den Abzug der Zeltbewohner fordert. Allerdings muss man da abwägen zwischen rechtlich möglich und taktisch sinnvoll. Wenn wir das Zeltdorf räumen sollten, und es wird dann nicht gebaut, dann fängt ein Katz-und-Maus-Spiel an. Das muss nicht sein. Aber das entscheiden wir auch nicht allein, da würden wir uns mit der Stadt und gegebenenfalls auch mit dem Finanzministerium als Grundstückseigner sprechen. Nun haben Sie einen Teil Ihrer Planung abgeschlossen und dabei verschiedene Szenarien durchgespielt.

Womit rechnen Sie, wenn demnächst die Arbeiten am Südflügel und irgendwann auch im Park beginnen?

In den ersten Tagen wird der Protest von einer hohen Emotionalität geprägt sein, davon gehen wir aus. Ich rechne nicht mit Gewalt und Eskalation. Nach wie vor haben wir keine Anzeichen, dass es einen schwarzen Block gibt, der sich der Bewegung der Gegner anschließt. Es wird Sitzblockaden geben, wie fast den ganzen Sommer über am Grundwassermanagement.

Wie gehen Sie dann vor?

Wir werden die Personen mehrfach auffordern zu gehen. Mit Durchsagen, und mit Schriftanzeigen, falls jemand die Durchsagen nicht hört. Einkesseln werden wir nicht. Die Beamten werden zwar das Gelände abgrenzen, damit klar ist, wo die Demonstration stattfinden darf und wo nicht. Aber jeder darf jederzeit gehen, bis wir mit der Aufnahme von Personalien angefangen haben.

Und wer hartnäckig blockiert, kann in die Arrestcontainer am Wasen gebracht werden – warum braucht man diese umstrittenen Zellen?

Wir haben bei der Fußball-WM im Jahr 2006 schlechte Erfahrungen gemacht, als wir englische Fußballfans hier im Polizeipräsidium festgehalten haben. Der Betrieb war überlastet. Deswegen wollten wir das räumlich trennen.

Mehrere Tausend Polizisten im Schichtdienst

Es ist immer wieder die Rede von rund 9000 Polizisten, die für die Einsätze in die Stadt geholt werden. Was ist an dieser Zahl denn dran?

Wir liegen deutlich darunter, zumal wenn es ab nächster Woche nur um den Südflügel gehen würde. Mehrere Tausend werden es schon sein. Deswegen haben wir ja auch Hotelzimmer reserviert. Geplant ist aber auch, dass wir, wenn sich die Lage beruhigt, Kräfte nach Hause schicken. Wir wollen ja niemanden unnötig von seiner eigentlichen Dienststelle abziehen. Der starke Kräfteeinsatz ist auch ein Baustein unserer Deeskalation – damit wir einen Schichtdienst einteilen können. Wir wollen die Beamten nicht an die psychische und physische Belastungsgrenze bringen. Für uns ist wichtig, dass Ruhe und keine Hektik beim Einsatz herrscht, deswegen wollen wir immer wieder frische Kräfte bringen. In der Auswertung des Einsatzes vom 30. September ist zu lesen, dass ein Abbruch eine Option gewesen wäre, die den schlimmen Verlauf mit Verletzten durch Wasserwerfer verhindert hätte.

Wann brechen Sie ab?

Der Abbruch ist dann eine Option, wenn es chaotisch und nicht mehr überschaubar ist. Was dafür genau vorfallen muss, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Aber auch das ist eines mehrerer Szenarien, die wir durchgespielt haben.

Haben Sie für den schlimmsten Fall, den Sie annehmen, Wasserwerfer eingeplant?

Bis jetzt haben wir keine vorgesehen.Wann würden Sie die holen?Wenn randalierende Gruppen durch die Stadt ziehen. Sonst nicht. Das hängt aber immer von der konkreten Situation ab.