Der Fernsehreporter Rolf Seelmann-Eggebert hat einen Großeinsatz vor sich: die Hochzeit von William und Kate in London.  

Stuttgart - Bei der Hochzeit des britischen Thronfolgers kommentiert der ARD-Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert am kommenden Freitag die Übertragung aus London. Bei Brautkleidern fühlt er sich allerdings nicht so kompetent.

 

Herr Seelmann-Eggebert, stecken Sie am Freitag für alle Fälle ein Taschentuch ein?

Sie werden es nicht für möglich halten, aber ich habe immer ein sauberes, weißes Taschentuch dabei.

Für den Schweiß oder für die Tränen?

Ach, wissen Sie. Ich bin immer zu engagiert, die Dinge richtig zu beschreiben. Tränchen zu verdrücken, dazu habe ich gar keine Zeit.

Um die Übertragung der Hochzeit ist ein Wettbewerb unter den Fernsehsendern entbrannt. Was kann ein langjähriger Adelsexperte tun, damit auch jugendliche Kate-und-William-Fans das Erste einschalten?

Jüngere Zuschauer werden eher von meinen jüngeren Kolleginnen angesprochen. Die ARD reist ja mit einem relativ großen Team nach London - zum Beispiel mit Barbara Schöneberger und Mareile Höppner. Ich bin sehr froh, dass ich die Frauen dabei habe.

Warum?

Mit der Beschreibung des Hochzeitskleides habe ich mich immer schwergetan. Es ist schon passiert, dass ich Traumkleider als schlicht bezeichnet habe. Die Damenwelt war jedes Mal empört. Es hieß, ich hätte tausend Perlen übersehen.

Von dem ehemaligen ARD-Programmdirektor Günter Struve stammt der schöne Satz: "Für mich gilt eine Ehe gar nicht als ordentlich geschlossen, wenn Rolf Seelmann-Eggebert nicht dabei war." Ist das ein Kompliment, über das Sie sich freuen können?

Ja, denn ich kenne mich ja relativ gut und weiß, dass ich sonst ein Republikaner bin, vom Scheitel bis zur Sohle. Ich wünsche mir die Monarchie zwar nicht zurück, habe aber Verständnis dafür, dass es Leute gibt, die weiterhin trotzdem gut damit leben können.

Die Königshochzeit ist ein gefundenes Fressen für den Boulevard. Wie unterscheidet sich Ihre Berichterstattung von der anderer?

Mich reizt an der Berichterstattung über Königshäuser ganz allgemein die Frage: Wie kommt es, dass eine solche Institution bis heute überlebt hat? Es gibt Leute, die halten sie für den erfolgreichsten Anachronismus, den man sich vorstellen kann.

Aber ihre Vorbildfunktion haben die Royals doch spätestens seit der Scheidung von Charles und Diana verspielt.

Das sehe ich anders. Nehmen Sie Königin Elizabeth. Wer seit beinahe sechzig Jahren auf dem Thron sitzt und Tag für Tag seine Aufgabe so erledigt hat, wie sie das getan hat, ist ein Vorbild.

Wie kommt man an Exklusivinformationen heran - als einer unter 8000 Journalisten ?

Ich könnte mir vorstellen, dass Sie da ein falsches Bild haben. Ich weiß sehr viel über das englische Königshaus, zum Beispiel über seine deutschen Wurzeln. Es geht mir nicht um Fragen wie die, wie sich Kate und William zum ersten Mal begegnet sind.

Aber genau das wollen doch alle wissen.

Mich interessiert diese Art von Exklusivität wenig. Es ist sinnlos, solche Fragen zu stellen. Die berühmten guten Freunde, die dann reden, sind in der Regel keine guten Freunde.

Sie reden mit William und Kate persönlich?

Nein, das habe ich auch nie vorgegeben. Vermutlich wird das in Zukunft auch noch schwerer werden als bisher, weil William zornig auf Teile unserer Zunft ist. Er sagt: Meine Mutter könnte noch leben, wenn es diese Paparazzi nicht gegeben hätte.

Inzwischen hat man den Eindruck, keiner hält sich mehr mit Kommentaren zurück.

Doch. Wenn Sie auf die Insel Anglesey fahren, dort, wo William und Kate wohnen werden, kommen Sie in eine ländliche Gegend, wo jeder jeden kennt. Und sobald da jemand mit einer Kamera auftaucht, spricht sich das herum. Die Einheimischen halten dicht. Sie sind sehr solidarisch mit dem jungen Glück des Brautpaares.

In einem früheren Interview haben Sie mal gesagt, Prinz Charles hätte Sie geduzt. Erkennt er Sie heute in dem Heer von Reportern noch wieder?

Das glaube ich nicht. Ich werde während der Hochzeit in einem Containerstudio mit Blick auf den Buckingham-Palast sitzen. Wie soll er mich da sehen?

Was ist Ihre größte Sorge?

Ich muss den Text der Predigt rechtzeitig in Englisch bekommen, damit ich ihn in ein vernünftiges Deutsch übersetzen kann. Aus einem perfekten englischen Gottesdienst würde ich gerne einen perfekten deutschen Gottesdienst machen.

Die Bilder von ARD und ZDF werden weitgehend identisch sein. Was antworten Sie Gebührenzahlern, die schon jetzt den "Overkill royale" beklagen?

Die Frage werden wir beantworten können, wenn wir die Quoten haben. Die Hochzeit ist ein sogenanntes A-Ereignis. Ich schätze, nur die Hälfte der Bilder wird identisch sein. ARD und ZDF bringen eigene Teams mit. Jeder wird versuchen, Berichte mit eigener Handschrift abzuliefern.

Was macht Sie so sicher, dass die Hochzeit hierzulande größere Begeisterung findet?

Zum Beispiel Ihr Anruf bei mir. Ich habe von 104 Zeitungen Anfragen gehabt. Also: der Hype in Deutschland funktioniert.

Obwohl die Königshäuser Probleme haben wie alle anderen auch: Ehebruch, Scheidung, Drogensucht... Erstaunlich, oder?

Wenn man glauben würde, was alles in den Zeitungen steht, müssten alle Königshäuser längst ausgestorben sein.

Der Experte aus Hamburg für Europas Königshäuser

Adelsexperte: Kaum einer kennt sich in Europas Königshäusern so gut aus wie der 74-jährige Rolf Seelmann-Eggebert. Seinen ersten Bericht über die Royals drehte er 1978 als Fernsehkorrespondent und ARD-Studioleiter in London. Damals berichtete er über den dreißigsten Geburtstag von Prinz Charles.

Hochzeitskommentator: Seither geht der Hamburger Journalist, den die Königin ElizabethII. zum Commander of the British Empire ernannt hat, in Europas Königshäusern ein und aus. Am kommenden Freitag, dem 29. April, kommentiert er zusammen mit Mareile Höppner für die ARD die Übertragung der Hochzeit des britischen Thronfolgers („Küss mich Kate!“, 9 bis 15 Uhr). Die Trauung wird zeitgleich von ZDF, RTL und Sat1 übertragen.