Dennoch: Sie betonen immer wieder, wie wichtig es ist, auf die Sicherheit zu achten.
Ich arbeite ja bei einem Klettermedium, und da geht es oft um höher, schneller, weiter, besser, schwerer. Das ist ein verbreitetes und gerechtfertigtes Streben. Aber ich glaube, dass die Reduzierung auf dieses Ziel eine bedauerliche Einschränkung ist. Ich kann auch mein ganzes Leben lang den Schwierigkeitsgrad Fünf klettern und dabei unglaublichen Spaß haben. Das zu vermitteln ist mir am allerwichtigsten.
Was ist für Sie der Unterschied zwischen dem Klettern in der Halle und am Felsen?
Am Fels gibt es mehr Möglichkeiten, sich zu bewegen. Wenn man zum Beispiel den Unterschied zwischen einem 1,90-Meter-Mann und einer 1,50-Meter-Frau sieht, ist es logisch, dass der Mann weiter greifen kann. In der Kletterhalle gibt es die Griffe und dazwischen Leere, während am Fels viel mehr Unebenheiten, Strukturen da sind. So kann ich eher mein eigenes Bewegungspuzzle zusammensetzen. Das ist jedes Mal aufs Neue eine kreative Herausforderung. Dafür gibt es natürlich andere Risiken als in der Halle: Steinschlag etwa oder Wetterumschwünge.
Sie haben einmal in einem kämpferischen Beitrag Ihre Geschlechtsgenossinnen aufgefordert, nicht nur immer „Toprope“, also hinter einem Vorsteiger, zu klettern, sondern sich auch selbst nach vorne zu trauen. Was macht Sie da so ärgerlich?
Es geht mir darum, dass manche Frauen die Verantwortung für Sport, Leben, Hobby und was auch immer nicht übernehmen, sondern sich in so einer selbst verschuldeten Unmündigkeit halten. Und das sieht man natürlich, wie alle anderen gesellschaftlichen Erscheinungen, auch beim Klettern. Wobei ich niemandem vorschreiben möchte, was er tun soll, ich will nur dazu motivieren, dass Mädels ihr Geschick selbst in die Hand nehmen. Sie sollten nicht dem Irrtum verfallen, nur weil sie mit einem Mann klettern, könne der das besser.
Die italienische Ausnahmebergsteigerin Nives Meroi hat Frauen geraten, sie sollten, nicht nur beim Klettern, immer versuchen, sie selbst zu sein, fernab jeder Imitation männlichen Verhaltens.
Ja, das kann ich sofort unterschreiben .
Und auf welche Frage war das Klettern noch mal die Antwort?
Vielleicht auf die Frage nach dem Ernst des Lebens?