Seit April ist Sigrid Zimmerling die neue Geschäftsführerin der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg. Im Gespräch erklärt sie, wo den Unternehmen im Kreis der Schuh drückt.

Ludwigsburg - Seit dem 1. April ist Sigrid Zimmerling die neue Leitende Geschäftsführerin der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg. Als Interessenvertreterin der Unternehmen im Landkreis geht es ihr vor allem darum, dass die Firmen beste Standortbedingungen bekommen. Das ist in einigen Bereichen aber nicht der Fall, wie die Punkte Verkehr und Breitbandausbau zeigen.
Frau Zimmerling, bevor Sie hier in Ludwigsburg als Geschäftsführerin der IHK-Bezirksstelle angefangen haben, waren Sie die Leiterin des Geschäftsbereichs Recht und Steuern bei der IHK Darmstadt. Ursprünglich kommen Sie aber aus dem Landkreis. Haben Sie hier quasi Heimvorteil?
Das könnte man so sagen. Das ist mir gleich zu Beginn aufgefallen. Da habe ich alle Unternehmen besucht, die bei uns in der Bezirksversammlung sitzen. Das sind fast 60 Firmen, die komplett über den Landkreis verstreut sind. Für die Fahrten habe ich weder Navigationsgerät noch Landkarte gebraucht.
Wie steht es um die Attraktivität des Landkreises Ludwigsburg für die Unternehmen?
Gemessen an der Wirtschaftskraft ist es ein Spitzen-Landkreis. Wir haben extrem gut aufgestellte, auch international operierende Unternehmen, sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistungen. Die fordern berechtigterweise optimale Standortbedingungen.
Wo wir schon beim Thema wären: Wo drückt denn bei den Unternehmen am meisten der Schuh?
Definitiv beim Verkehr. Das ist schon seit Jahrzehnten das am meisten diskutierte Thema. Das kann man im Großen betrachten, aber auch auf jedes einzelne Gewerbegebiet herunterbrechen. Erreichbarkeit ist hier das Zauberwort. Das ist nicht nur eine extrem wichtige Standortbedingung. Auch unter dem Aspekt Arbeitgeberattraktivität ist ein Arbeitsplatz, bei dem ich auf dem Weg ins Büro zwei Stunden im Stau stehe, schwer vermittelbar.
Inwiefern spielt der Nordostring eine Rolle bei den Unternehmen?
Den wünschen sich Unternehmen ja auch nicht erst seit gestern. Die Tatsache, dass der Nordostring nun aber wieder von vielen Seiten aufgegriffen wird, zeigt uns, dass seine Bedeutung hoch eingeschätzt wird.
Können Sie nachvollziehen, wenn sich von Seiten der Bürger Protest gegen neue Straßenpläne wie den Nordostring formiert?
Alle Optionen müssen offen und zukunftsgerichtet diskutiert werden. Ich halte es aber für wichtig, zu betonen, dass der Wohlstand, den wir hier in der Region haben, untrennbar verknüpft ist mit extrem erfolgreich agierenden Unternehmen. Und diese Unternehmen brauchen optimale Standortbedingungen.
Dazu gehört auch die Gewerbesteuer. Die Stadt Ludwigsburg diskutiert seit Jahren darüber, den Satz anzuheben. Die Position der IHK dazu dürfte klar sein. Oder?
Da werden wir auch weiterhin streitlustig bleiben. Der Standort eines Unternehmens ist immer eine gesamtwirtschaftliche Kalkulation. Das Gesamtpaket muss stimmen. Wenn es woanders attraktiver ist, gehen Unternehmen dort hin.
Und wie ist die Stimmung der Unternehmen, was die Breitbandversorgung angeht?
Breitband ist ein Wettbewerbsfaktor, auch zwischen den Kommunen im Kreis. Uns erreichen viele Beschwerden von Unternehmen, denen der Ausbau zu lange dauert.
Firmen klagen auch über den Fachkräftemangel, angefangen bei der immer schwierigeren Suche nach passenden Azubis. Wie können Sie da helfen?
Im Bereich Duale Ausbildung ist unsere Bezirkskammer besonders gut aufgestellt. Wir bieten eine Vielzahl verschiedener Projekte für Unternehmen und Bewerber an, beispielsweise ein Speeddating für Azubis oder Jobmessen. Innerhalb der Fachkräfteallianz soll es bald auch eine neue Messe für Spätentschlossene geben mit dem Titel „S’bressiert“.
Wie werden Flüchtlinge von den Unternehmen gesehen? Sind sie eine Chance oder ein Risiko für den Arbeitsmarkt?
Eher eine Chance. Die Unternehmen hier sind sehr aufgeschlossen gegenüber Einstiegsqualifizierungen als Vorstufe zu Ausbildungsverhältnissen. Seit dem 1. Mai haben wir in der IHK auch zwei Kolleginnen, die sich eine Vollzeitstelle als „Kümmerinnen“ teilen. Das ist ein Projekt des Landeswirtschaftsministeriums, bei dem jugendliche Flüchtlinge aus den Vorbereitungsklassen heraus bis in ein Ausbildungsverhältnis begleitet werden sollen.