Er ist Musiker und Motorsportler: Smudo von den Fantastischen Vier. Im Interview erzählt der 50-Jährige, was er von Lewis Hamilton hält, wie er den Hamburger SV findet, wie sich Motorsport und Ökologie vertragen und warum lackierte Stufen runter laufen ähnlich gefährlich ist wie Motorsport.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die Formel-1-Saison 2018 startet an diesem Sonntag (7.10 Uhr/RTL). Darauf freut sich auch Smudo von den Fantastischen Vier. Nicht nur weil er Fan ist – sondern auch weil er selbst Rennen fährt. Ein Gespräch über Motorsport und andere Themen.

 
Smudo, sagt noch jemand Michael zu Ihnen?
Nur mein Bruder. Und meine Eltern.
Ihre Frau nicht?
Die nennt mich Baby. Oh Gott, jetzt habe ich es verraten.
Ist doch nett.
Ja, aber tatsächlich ist mir aber aufgefallen, dass meine Ex-Freundinnen und meine Ehefrau es vermeiden, mich mit meinem Berufsbezeichnungsnamen anzusprechen. Ich kann das aus ihrer Perspektive auch verstehen: Smudo wirkt nicht sehr persönlich.
Was steht in Hamburg an Ihrem Briefkasten?
Schmidt. Meine Frau heißt übrigens Müller. Als wir geheiratet haben, haben wir uns den Scherz erlaubt, dass wir Müller-Schmidt heißen.
Reden wir über Fußball. Sie leben in Hamburg, die Stimmung dürfte dort im Keller sein.
Für den HSV läuft es gerade gar nicht gut, ich glaube sogar richtig beschissen. Ich erkenne das immer an der Headline der Hamburger Morgenpost, der ich entnehmen kann, welcher Trainer gerade zum Abschuss frei gegeben ist und wer wieder einen wahnsinnigen Mist gebaut hat.
Was fasziniert Sie am Fußball?
Die Kicker werden hochbezahlt und nur darauf getrimmt, dass sie das Spiel gewinnen. Und trotzdem kannst du vor dem Tor stehen – und knallst den Ball nicht rein. Herrlich: Da stehen dann die Leute auf den Rängen auf und schimpfen: ,Den hätte meine Oma gemacht!‘ Es ist wie in der Gesellschaft: Wie kann man auch nur eine Sekunde lang glauben, irgendetwas wäre wasserdicht planbar und nicht verblüffend oft von Zufällen beeinflusst?

Smudo verschießt schließlich auch mal einen leichten Ball auf der Bühne.
Oh ja! Es kann sein, dass du mal aus irgendeinem Grund komplett deinen Einsatz verpasst. Keiner sagt was, aber alle gucken dich doof an. Manchmal springt dann einer ein und singt für dich. Ich habe gehört, dass solche Dinge mit dem Alter zunehmen sollen.
Es gibt schon stressige Phasen. Nehmen wir das letzte Jahr. Da wurde unsere dritte Tochter geboren. Und da wurde ich wirklich viel gebraucht zu Hause. Dann haben wir die neue Platte gemacht, die Fernsehaufnahmen für „The Voice“ liefen und Rennen gefahren bin ich auch. Aber das Team Four Motors unterstützt mich in diesem Jahr sehr. Ich fahre von elf Rennen sechs. Da bleibt ein bisschen Luft.
Seit vielen Jahren sind Sie schon bei Four Motors dabei. Das „Öko-Team“ des ehemaligen DTM-Piloten Tom von Löwis setzt auf biologisch abbaubare Chassisteile, wiederaufbereitetes Öl, umweltverträglicheren Sprit – und leistet in diesen Bereichen auch Forschungsarbeit für Porsche. Sind Motorsport und eine grüne Gesinnung nicht ein Widerspruch?
Wir wollten einfach nur Autorennen fahren und waren also auf der bösen Seite, haben dann aber die verschiedensten Partner überzeugt. Früher fuhren wir mit Biodiesel, das hat mich fasziniert. Es ist etwas, das du pflanzt, es wächst, du machst es ab, steckst es in den Tank – und fährst damit Auto. Für mich ist auch die Formel-E sehr interessant. Ich finde, wir brauchen all diese Erkenntnisse von nachwachsenden Energiestoffen bis zu nachhaltiger Stromerzeugung, um unserer Umwelt zur Liebe weiterzukommen.
Was konkret machen Sie im Motorsport noch?
Wir müssen alle möglichen Nischen aufmachen. E 20 Sprit stößt zum Beispiel 60 Prozent weniger Feinstaub und 20 Prozent weniger CO2 aus. Wenn wir CO2 runterbekommen wollen, ist ein höherer Bioanteil im Sprit eine der machbarsten Methode. Es muss wirklich alles ausprobiert werden. Unser Porsche-Rennwagen fährt mit E20-Sprit und Recycling-Öl.
Ihren drei Töchtern eine sauberere Welt zu hinterlassen, ehrt Sie. Doch ist es nicht riskant, als Vater mit einem Porsche über die Grüne Hölle am Nürburgring zu brettern?
Das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich rüber zur Nordschleife fahre und auf die grünen Auen schaue, dann denke ich mir: Autorennen fahren – wie geil! Ich freue mich drauf. Gerade mit den ganzen Mädchen zu Hause ist der Motorsport für mich auch eine Pflege meiner männlichen Persönlichkeit. In dunklen Stunden macht sich meine Frau vielleicht Sorgen. Aber sie weiß auch, dass es nicht so gefährlich ist wie bei uns daheim die lackierten Stufen mit dem Baby im Arm hinunterzulaufen. Natürlich isch d‘r Deufel a Eichhörnle, aber ich glaube nicht, dass viel passieren kann.
Sind moderne Rennwagen so sicher?
Es ist verblüffend, was die Autos können. Natürlich will ich es nicht drauf anlegen, aber wenn fast was passiert wäre, ist das Erste, was ich denke nicht „Aua das tut weh“, sondern „Aua das wird teuer“.
Woher rührt die Leidenschaft für Motorsport?
Ich bin mit der Formel 1 groß geworden. Mein Großvater hat es immer geguckt, wenn wir zu Besuch auf der Schwäbischen Alb waren. Da haben Opa, mein Vater und die ganzen Cousins die Rennen geschaut. Ich fand es gemütlich, wie wir da alle um den Fernseher herumsaßen. Später gab es auch zu Hause immer ein Formel-1-Wochenende. Mama hat Kaffee und Kuchen gemacht. Es war auf eine etwas merkwürdige Art und Weise ein Familientag.
Dadurch wird man noch nicht Rennfahrer.
In den neunziger Jahren bin ich dann über detailgetreue Videospiele beim Thema geblieben. Um dort besser zu werden, habe ich mich mit Fahrphysik beschäftigt. Plötzlich wurde ich virtuell tatsächlich schneller und bin auch auf der Kartbahn im Wettstreit mit den Kumpels nicht mehr hinterhergefahren.
Sie kennen Michael Schumacher?
Der ist ganz lieb. Ich habe ihn mal in Maranello getroffen. Da haben wir mit einigen anderen in seiner Stamm-Pizzeria gegessen. Jemand wollte bei Schumi dann eine Verbindung zwischen Musik und Motorsport herstellen und fragte ihn, was er so hört. Er sagte nur: ‚Ist mir egal. Was meine Frau so hört – Tina Turner und so…‘. Süß.
Wir haben auch von einer kleinen Fahrstunde gehört.
Richtig. Draußen sind wir mit dem Maserati-Mietwagen von Jean Todt (damals Ferrari-Teamchef, Anm. d. Redaktion) auf die Strecke gegangen. Als ich fuhr, war ich sehr aufgeregt, kein Wunder bei dem Beifahrer. In einer langen engen Rechtskurve war ich Schumacher dann zu schnell. Er wurde immer lauter: ,Langsam, langsam – laaaangsaaaaam!‘ Ich habe mir gedacht: Also, wenn dich hier der Weltmeister so ankackt, dann machste mal lieber langsam, bevor ich vor den Augen des Meisters noch was kaputt mache.
Keine Ahnung. Vielleicht tritt ja jemand aus dem Schatten. Aber ich denke, die werden bei Mercedes alles auf Hamilton schmeißen. Ich fände es natürlich toll, wenn Vettel zurückkäme. Habe mich aber auch damals bei Hamiltons erstem Titel 2008 gefreut. Auf den letzten Metern in Sao Paolo – der Wahnsinn!
Formel-1-Piloten werden bewundert wie Rockstars. Wie nehmen Sie die beiden wahr?
Mich hat Hamilton schon in der Formel 3 mit Bruder und Vater als Familienbetrieb beeindruckt, aber als Typ ist mir ein bisschen zu sehr Proll. Goldketten und fette Ohrringe sind nicht jedermanns Sache. Und Vettel würde man wohl eher nachsagen: Ach, das ist ja so ein deutscher Ingenieur. Aber jetzt, wo er nicht ganz vorne fährt, spricht er auch nicht mehr so Formel-Sprech sondern wirkt leidenschaftlicher. Leidenschaftlich ist Hamilton auch. Da wird auch mal kräftig rumgebrüllt im Cockpit: ,So ‘ne Scheiße – der Idiot lässt mich nicht vorbei!‘ Wäre super, wenn es zwischen den beiden eng zugeht.