Exklusiv Der Chef des Verbandes der Spielwarenindustrie blickt optimistisch ins Jahr 2014. „Ein moderates Wachstum von einem bis drei Prozent ist auch in diesem Jahr realistisch“, sagte Ulrich Brobeil im Interview.

Nürnberg - - Der deutsche Spielwarenmarkt hat im vergangenen Jahr zum fünften Mal in Folge zugelegt. Die Umsätze stiegen um 1,5 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro, wie der Branchendienst npd-Group Ende letzter Woche bekannt gab. Der Chef des Spielwarenverbandes glaubt, dass der Trend auch 2014 anhält. „Ein moderates Wachstum von einem bis drei Prozent ist realistisch“, sagt Ulrich Brobeil. Das liege zum einen an der Kreativität und Innovationskraft der Branche, die sich nächste Woche auf der Spielwarenmesse in Nürnberg präsentiert. Zudem profitierten die Hersteller von der ungebrochen starken Nachfrage.
Herr Brobeil, die Spielwarenbranche hat 2013 ihr fünftes Rekordjahr in Folge hingelegt. Wie haben Sie das Jahr erlebt?
Es ging mal rauf und mal runter. In den Herbst sind wir mit einem Minus gegangen, doch das ist relativ normal. Das Weihnachtsgeschäft, in dem traditionell etwa ein Drittel des Jahresumsatzes gemacht wird, ist dafür recht gut gelaufen. Das lag sicherlich auch an der Konstellation mit dem verkaufsstarken Wochenende und dem Brückentag direkt vor Heiligabend.
Wer waren die Gewinner?
Man kann schon sagen, dass die großen fünf am deutschen Markt vertretenen Hersteller – Lego, Mattel, Playmobil, Simba Dickie und Ravensburger – überdurchschnittlich vom Wachstum profitieren. Je kleiner ein Hersteller dagegen ist, umso schwerer tut er sich.
Wie sehen die Absatzzahlen auf anderen europäischen Märkten aus?
Ähnlich gut wie Deutschland steht nur Frankreich da. Schlechter ist die Lage dagegen in Großbritannien, Spanien und Italien. Die dortigen Märkte sind rückläufig.
Mit welchen Problemen haben es die Spielwarenproduzenten zu tun?
Nach wie vor wird ein großer Teil der Produkte in China produziert, wo die Hersteller jedoch zunehmend unter finanziellen Druck geraten. Die Mindestlöhne sind zuletzt quer durchs ganze Land um bis zu zwanzig Prozent gestiegen. China ist längst kein Billiglohnland mehr.
Nehmen Sie Verlagerungsbewegungen war?
In der Tat. In Asien gehen sie in Richtung Vietnam, Indien oder Indonesien. Wir merken es daran, dass in diesen Ländern zunehmend zertifiziert wird, ob die Fabriken den Kodex für menschenwürdige Arbeitsbedingungen vom Weltverband der Spielzeugindustrie einhalten. Bei anspruchsvolleren technischen Produkten etabliert sich dagegen der osteuropäische Raum als wichtiger Produktionsstandort.
Welche Rolle spielen Plagiate?
Spielzeug wird nach wie vor in großem Maßstab nachgemacht. Dabei geht es vor allem um die Reduzierung der Kosten, was in der Regel zu Lasten der Sicherheit geht. Erst kurz vor Weihnachten haben die italienischen Zollbehörden einen großen Schmuggel aufgedeckt; Millionen von gefälschten Produkten, insbesondere Spielsachen, sollten aus Nordafrika nach Europa eingeführt werden.
Auch die Spielwarenhändler stehen unter großem Druck. Viele Geschäfte verkleinern ihre Verkaufsfläche oder verschwinden ganz vom Markt. Ist es den Herstellern egal, ob sie ihre Produkte in den Fußgängerzonen oder übers Internet verkaufen?
Es ist wichtig, dass sich die Fachhändler erhalten. Spielzeug ist ein Produkt, das sich besser verkaufen lässt, wenn es der Kunde vorher in die Hand nehmen kann und vor Ort beraten wird. Natürlich gewinnt auf der anderen Seite der Onlinehandel, allerdings 2013 gar nicht mehr so stark wie in den Jahren davor. Der Schlüssel für die Händler ist eine Mischform, also die Verknüpfung des Ladenkonzepts mit dem Internetvertrieb. Viele Unternehmer haben das begriffen.
Wie sind die Aussichten für 2014?
Ich glaube nicht, dass wir noch einmal Zuwächse von fünf Prozent oder mehr erreichen können, wie noch vor zwei oder drei Jahren. Aber ein moderates Wachstum von einem bis drei Prozent ist auch in diesem Jahr realistisch.
Wie gelingt es der Branche in Deutschland trotz sinkender Geburtenraten, immer neue Bestwerte einzufahren?
Das liegt zunächst einmal an den Produkten selbst. Die Spielwarenhersteller sind sehr kreativ und innovativ, die Vielfalt ist ungemein groß: Auf der Messe in Nürnberg werden diese Woche mehr als eine Million Spiele und Spielzeuge zu sehen sein, davon mehr als 70 000 Neuheiten. Außerdem ist die Zahl der Geschenke pro Kind hoch. Im Zuge des demografischen Wandels ergibt es sich, dass auf immer weniger Kinder immer mehr Spielsachen kommen.
Was waren denn die beliebtesten Produkte im vergangenen Jahr?
Da gibt es eine ganze Menge. Die Nummer eins europaweit, wenn nicht sogar weltweit sind die Storio-Lerncomputer von V-Tech – eine Art iPad für Kinder. Überraschend war die Rückkehr von Furby, dem elektronischen Plüschtier von Hasbro. Weitere Verkaufsschlager in Deutschland waren Systembaukästen, zum Beispiel von Lego-Technik. Darüber hinaus ist es bemerkenswert, dass es immer mehr Produkte für Mädchen gibt. Auch Gesellschaftsspiele liegen weiterhin voll im Trend. Hier hat das Spiel des Jahres, Hanabi, die Verkaufslisten angeführt. Aber auch Klassiker wie Uno, Monopoly oder Lotti Karotti sind nach wie vor gefragt.
Das letztjährige Messemotto lautete Toy 3.0. Demnach werden immer mehr klassische Spiele mit digitalen Elementen verknüpft. Gibt es bald nur noch per App gesteuerte Eisenbahnen, Teddys und Brettspiele?
Sicher verschwimmen die Grenzen zwischen Technik und Tradition. Es werden neue Räume entdeckt und spannende Spielekombinationen entwickelt. Die Gefahr, dass das Digitale bald alles überragt, sehe ich jedoch nicht. Die Klassiker werden davon bestimmt nicht verdrängt.
Sie haben es bereits angesprochen, einer der Wachstumstreiber sind Spiele für Erwachsene. Woher kommt dieser Spieltrieb?
Das hängt sicherlich mit unserer heutigen Arbeitswelt zusammen: Viele Menschen sitzen den ganzen Tag im Büro vor einem Bildschirm. Sie sind froh, wenn sie in ihrer Freizeit einmal zu Würfeln oder Karten greifen können, ohne dass vor ihnen etwas flimmert. Man muss sich nur in seinem persönlichen Umfeld umschauen, wie viele Leute sich zu Spieleabenden verabreden. Zudem fördern Gesellschaftsspiele die Gemeinschaft – und das in jedem Alter.