Sie scheinen keine Berührungsängste mit starken Frauen zu haben.
Ich schätze starke Frauen sehr! Meine Frau ist völlig unabhängig, kreativ, immer beschäftigt – und auch schon mal ganz schön rechthaberisch. Sie ist meine härteste Kritikerin – auf liebenswerte Art. Sie ist die Person, der ich als erstes meine neuen Songs vorspiele. Ich bewundere Trudie und bin ihr größter Fan. Ich sehe es mit Vergnügen, wenn sie schauspielert oder Filme produziert. Sie hat im vergangenen Jahr bei einem Film Regie geführt, und ich war glücklich und stolz, an ihrer Seite zu sein. Ich ermutige sie, so umtriebig zu sein, wie ich es bin. Das hält unsere Beziehung frisch.
Sie unterhalten zusammen ein Weingut in Italien.
Ja, wir haben ein Anwesen in der Toskana. Unser Wein läuft richtig gut. Wir bekommen fabelhafte Kritiken, die Kunden finden Gefallen daran. Viele Künstler versuchen, ihren eigenen Wein zu etablieren, aber das ist nicht einfach. Vielleicht haben wir einfach nur Glück. Wir haben auch fantastische Leute, die für uns arbeiten.
Ist es richtig, dass ich als Erntehelfer bei Ihnen anheuern könnte, wenn ich dafür bezahle?
Das stimmt. Sie können vorbeikommen und meinen Wein ernten, wenn Sie wollen. Es gibt einige Leute, die das tun. Ich werde zugegen sein, auf einem Pferd reiten und die Peitsche schwingen.
Was ist das Beste am Wein-Produzieren?
Die Überraschung in den Gesichtern der Menschen, wenn sie den Wein verkosten und merken, dass er wirklich mundet. Die meisten Leute wundern sich, wie so ein Rocktyp wie ich guten Wein hinkriegt. Ich sage ja immer: Ein Wein ist wie ein Lied – er muss eine Geschichte erzählen. Deshalb habe ich meine Weine auch nach meinen größten Hits benannt.
Welcher Wein passt zum neuen Album?
Ich würde sagen, dass die meisten Songs darauf sich gut zum Biertrinken eignen! Aber klar, zu den bedachteren Liedern kann ein Glas Wein förderlich sein, wenn man es nicht übertreibt. Ich komme ja eher aus der Biertrinker-Kultur aus dem rauen Norden Englands. Ich habe viel Bier getrunken in meinem Leben. Aber heutzutage vertrage ich das nicht mehr so gut.
Sie haben einen zynischen Song über den Klimawandel auf Ihrer Platte. Dabei engagieren Sie sich doch aktiv für die Umwelt.
Richtig. Aber ich wollte nicht anfangen, mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Das wäre ja auch wenig hilfreich. Wir sind alle involviert darin, dass sich das Klima verändert. „One Fine Day“ ist ironisch angelegt. Wenn ich Leuten zuhöre, die skeptisch gegenüber dem Klimawandel sind, dann will ich immer, dass sie Recht haben. Ernsthaft! Aber natürlich gibt es genügend wissenschaftliche Studien darüber, die in die andere Richtung weisen.
Macht sich Ihr Umwelt-Engagement auch auf Ihrem Weingut bemerkbar?
Schon. Ich engagiere mich beispielsweise für Bienen und unterstütze die Save-the-Bees-Kampagne. Ich habe selbst einige Bienenfamilien auf meinem Grundstück. Bienen sind wahnsinnig wichtig für den Planeten. Wir brauchen sie, aber sie sterben auch wegen dem Einsatz von Pestiziden langsam aus. Wir müssen alles tun, um die Bienen zu retten. Sting hat Honig! Und so soll es schließlich auch bleiben.
Vor kurzem haben Sie an einem wissenschaftlichen Test der McGill Universität in Montreal teilgenommen und Scans von Ihrem Gehirn machen lassen. Was hat man herausgefunden?
Zunächst einmal war ich froh, dass sie überhaupt ein Gehirn bei mir gefunden haben! Man hat mir Sensoren an den Kopf gelegt und mir Musik vorgespielt. Manches davon kannte ich, anderes nicht. Manches mochte ich, anderes konnte ich nicht ausstehen. Heraus kam, dass Musiker ihr Gehirn beim Musikhören mehr einsetzen als normale Konsumenten von Musik. Aber das überrascht mich nicht wirklich. Um eine anspruchsvolle Harmonie oder einen komplexen Rhythmus zu analysieren, braucht es nun mal den Kopf. Die meisten Menschen mögen simple Rhythmen. Dafür braucht man nicht viel Hirn. Aber wenn du Jazz lauschst oder der Musik von Jonathan Sternberg, ist das anders. Profi-Musiker entwickeln da besondere Fähigkeiten.
Sie sollen besonders stark auf die Beatles reagiert haben.
Auch das überrascht mich nicht. Ich liebe die Beatles. Es wurde ja auch der Bereich meines Gehirns getestet, der für Nostalgie verantwortlich ist. Die Beatles hatten vermutlich den größten Einfluss auf mein Leben. Sie hatten einen ähnlichen Background wie ich. Sie kamen aus der Arbeiterklasse einer Hafenstadt – so wie ich. Sie haben Songs geschrieben und die Welt erobert. Ihr Erfolg war für mich die Legitimation, es ihnen gleich zu tun und ihnen nachzueifern.
Wie weit sind Sie denn damit schon gekommen?
Unverhofft weit. Aber meine Neugier treibt mich weiter. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich im Lernprozess bin, was die Musik betrifft. Ich bin immer noch ein Studierender. Ich will noch mehr entdecken. Die Musik setzt dem auch keine Grenzen. Sie ist endlos. Sie ist wie ein spannender Ozean, in dem ich gerne schwimme.

Das Gespräch führte Katja Schwemmers.

 

Termin Sting geht in diesem Jahr auf Deutschlandtournee. In Stuttgart tritt er am 29. März in der Porsche-Arena auf, in Künzelsau am 23. Juli im Carmen-Würth-Forum.