Travis ist zurück. Am Freitag kommt das neue Album „Where you stand“. Fran Healy, der Sänger der schottischen Band, spricht im StZ-Interview über Kinder, Kühe, Paul McCartney und die schlechten Manieren von Rockstars.

Stuttgart – Travis - steht wie kaum eine andere Band für Gitarrenpopsongs, die man nicht mehr aus dem Ohr kriegt, man denke nur an den Welthit „Why does it always rain on me“ (1999). Dafür wird das Quartett ebenso verehrt wie verachtet. Mit dem neuen Album „Where you stand” wollen die Schotten zur Stadionband werden. Im Interview mit Olaf Neumann spricht der Frontmann Fran Healy über große Gefühle, die Beatles, Kinder, Kühe und die schlechten Manieren seiner Kollegen.
Fran Healy, „Where you stand“ ist bereits das siebte Album von Travis. Sind Sie als Songschreiber noch einfühlsamer geworden, seit Sie Vater geworden sind?
Als Songschreiber bist du Millionen von Einflüssen ausgesetzt. Vater zu sein ist eine große und vielschichtige Aufgabe. Sie gehört jetzt zu meinem Leben. Den Song „Reminder“ habe ich meinem Sohn gewidmet. Er liest sich wie eine Liste von Anweisungen. Wenn mein Sohn sich daran halten würde, wäre es cool. Bevor ich Vater wurde, wäre es mir nie in den Sinn gekommen, übers Sterben nachzudenken. Jetzt denke ich: Was passiert mit dem Kind, wenn ich nicht mehr bin? Also habe ich ihm etwas gegeben, das ihn auf ewig an mich erinnern wird.
Das ist sehr emotional.
Als wir den Song kürzlich in Berlin spielten, haben tatsächlich ein paar Leute geweint. Für mich ist das aber kein negativer Song, sondern einfach ein sehr, sehr emotionaler.
Ihr Sohn ist sieben. Ist das alt genug, damit er versteht, was sein Vater da sagt?
Nein, er ist noch zu klein. Aber ich habe seine Aufmerksamkeit geweckt, indem wir am Anfang des Liedes zusammen pfeifen. Deswegen liebt er diese Nummer.
Hören Sie beim Songschreiben auf Ihr Herz?
Ein Songschreiber, der alles intellektuell erfasst, ist ein Schummler. Der Grund, dass es überhaupt Songs gibt, ist das Herz, nicht der Verstand. Musik ist etwas sehr Ursprüngliches. Sie berührt etwas in uns, dass man allein mit Verstand nicht erfassen kann. Bevor wir Menschen erstmals unseren Intellekt beansprucht haben, haben wir uns bereits gegenseitig vorgesungen. Der Gesang ist also der Urururgroßvater des Verstandes. Kein Gedanke kann dich so sehr berühren wie Musik es vermag.
Sie sind gerade 40 geworden. Wird das Songschreiben mit den Jahren leichter?
Es ist niemals leicht, denn beim Schreiben muss ich meine innere Stimme abschalten, die meine Gedanken permanent redigiert. So gelingt es mir, mich in den fünfjährigen Fran zurückzuverwandeln. Genau da kommen meine Songs her. Ich erwische mich oft dabei, wie ich das Verhalten meines Sohnes analysiere. Er denkt noch nicht wie ein Erwachsener. Deswegen ist er auch so glücklich. Zwischen dieser Zufriedenheit und der Unfähigkeit, sich die Zukunft vorstellen zu können, besteht ein Zusammenhang. Diese Aufrichtigkeit möchte ich in meiner Musik ausdrücken.
Haben Sie sich diesmal prominente Unterstützung ins Studio geholt?
Nein. Ich gucke mir jede Woche die britischen Charts an. Bei fast jedem Song sehe ich einen Gaststar. Weil sich so etwas eben gut verkaufen lässt. Wir kümmern uns nicht um Moden. Ich möchte Songs schreiben, die die Menschen tief berühren.
Auf Ihrem Soloalbum „Wreckorder“ war kein Geringerer als Sir Paul McCartney zu hören. Es heißt, Sie beide seien gute Freunde. Was bedeuten Ihnen die Beatles?
Jeder, der eine Gitarre in die Hand nimmt, ist von den Beatles beeinflusst. Aber ich hatte noch andere Idole. Vor Jahren habe ich in einer Vitrine in der Nationalgalerie in London Manuskripte und ein Notizheft entdeckt. In dieses Schulbüchlein hatte John Lennon mit kindlicher Handschrift den Text zu „In my Life“ gekritzelt, was später ein berühmter Beatles-Song werden sollte. Große Songs fangen oftmals klein an. In dem Augenblick hatte ich das Gefühl, dass Lennon mir gestattete, auch Songs zu schreiben. Es war ein besonderer, leiser Moment.
Was war das für ein Gefühl, später selbst mit einem Beatle arbeiten zu dürfen?
Ein Glücksgefühl. Ich durfte mit Paul innerhalb der vergangenen zehn Jahre sogar mehrfach arbeiten. Er ist aber nicht mein bester Freund, ich würde ihn niemals anrufen, um mit ihm etwas trinken zu gehen.