Die Skatehalle in Bad Cannstatt soll abgerissen werden. Dagegen wehren sich Skater wie Ulrich Härle. Wir haben mit ihm gesprochen.

Stuttgart - Rund 300 große und kleine Skater sowie deren Eltern und Freunde wollen am Donnerstag gegen 16 Uhr vor dem Rathaus auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Denn drinnen tagt der Gemeinderat und brütet über dem Doppelhaushalt 2012/13, in den ursprünglich auch ein Neubau als Ersatz für die marode Skatehalle in Bad Cannstatt aufgenommen werden sollte. Ulrich Härle, der Vorsitzende der Boardrider Organisation Stuttgart (BOOST), erzählt im Gespräch, was die Halle, die fürs Neckarpark Projekt weichen soll, den skatebegeisterten Kindern und Jugendlichen in der Landeshauptstadt bedeutet.

 

Herr Härle, was erhoffen Sie sich von der Aktion vor dem Rathaus?

Den Bau einer neuen Skatehalle in Bad Cannstatt. Schon seit Jahren wird uns ein Neubau versprochen, die Pläne dafür wurden bereits ausgearbeitet. Doch immer wieder scheitert es an der Finanzierung. Ende nächsten Jahres soll unsere alte Halle abgerissen werden. Dann stehen hunderte Kinder und Jugendliche aus Stuttgart und Umgebung ohne Skatehalle da. Wo sollen sie bei Schnee und Regen Skateboard fahren? Unter der Autobahnbrücke?

Die Zustände in der jetzigen Halle sind aber auch nicht vom Feinsten ...

Allerdings. Die Halle ist alt und kaputt, das Dach hat Löcher, es regnet rein. Es gibt keine vernünftigen Sanitäranlagen, im Winter ist es so kalt, dass man sich die Nase abfriert. Außerdem befindet sich die Halle auf einem alten Industriegelände in der Frachtstraße, das als Aufenthaltsort für Kinder und Jugendliche völlig ungeeignet ist.

Dabei ist das Projekt im Jahr 1997 mit so viel Engagement gestartet ...

Die Halle wurde von den Betreibern der Hall 11 ins Leben gerufen. Doch nach ein paar Jahren konnte die Halle privat nicht mehr finanziert werden. Ein Verein wurde gegründet und Mitglieder angeworben, die Beiträge bezahlen. Außerdem muss jeder, der die Halle nutzen möchte, Eintrittsgeld bezahlen. So konnte die Halle, als Verein und mit neuem Vorstand und 26 ehrenamtlichen Mitarbeitern weiter bestehen.

Was wird den Kids dort geboten?

Die Halle wird genutzt für Skatekurse. Kindergeburtstage finden dort ebenfalls statt und soziale Projekte wie etwa Skateboardfahren für körperlich- und geistig behinderte Kinder und Jugendliche. Namhafte Sportartikelhersteller nutzen die Halle für Fotoshootings. Auch Skatevideos werden dort gedreht. Die Halle ist sieben Tage die Woche ausgelastet. Finden keine Projekte statt, darf die Halle von allen die Lust haben zum Skaten genutzt werden. Manchmal kommen ein paar Rollerblader, an einem Tag die Woche ist BMX-Tag.

Fällt es in Zeiten des Freizeitüberangebots überhaupt ins Gewicht, wenn eine Skatehalle abgerissen wird?

Wenn es ein Überangebot an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten gibt, stellt sich ja erst einmal die Frage, wie viele dieser Angebote ich wahrnehmen möchte, bzw. wegen gesellschaftlicher Konventionen annehmen muss. Zum Skaten kommen alle freiwillig. Klavier-, Englisch-, Geigen- oder Ballettunterricht - da steckt schon mal der Ehrgeiz ambitionierter Eltern dahinter.

Skaten ist ein Lebensgefühl, das alle Lebensbereiche Jugendlicher und junger Erwachsener umfasst. Sport, Kleidung, Musik und Freundeskreis. Alles wird beeinflusst von einem kleinen Brett auf vier Rollen. Nehmen sie den Skatern ihre Basis weg, also die Möglichkeit ihr Hobby auszuüben, kann für junge Leute schon mal die Welt aus den Fugen geraten. Außerdem sprechen wir hier nicht von der Tatsache, dass der städtische Turnverein dicht macht. Dann müsste man zur Not eben in einen anderen Verein gehen.

In Stuttgart und Umgebung gibt es weit und breit keine vergleichbare Halle, die zum Skaten genutzt werden kann! Wo sollen all die Kids also hingehen?