Am Samstag ist der Schauspieler Ulrich Tukur als Polizist im ZDF-Krimi „Die Rückkehr" zu sehen. Er spielt an der Seite von Senta Berger.

Mainz - Polizist mit Trauma: Ulrich Tukur spielt erstmals eine Hauptrolle in der aktuellen Folge der ZDF-Krimireihe "Unter Verdacht".

 

Herr Tukur, haben Sie eine Erklärung dafür, warum Sie bei Ihren Fernsehrollen immer eine Aura des Gaststars umgibt?

Das ist was dran. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich viel Theater gespielt und einige wirklich gute Kinofilme gedreht habe; deshalb sieht man mich mehr im seriösen Segment. Wenn ich dann im Fernsehen auftauche, stelle ich in gewisser Weise einen Fremdkörper dar.

Kann es auch damit zu tun haben, dass Sie eher wie ein Filmstar aus den vierziger oder fünfziger Jahren wirken?

Das ist in der Tat eine Zeit, mit der mich viel verbindet und in der ich meine musikalischen Wurzeln sehe. Jeder Mensch sucht sich ja intuitiv den geschichtlichen Augenblick, in dem er gern gelebt hätte; eine Kultur, die ihm liegt. Das ist für mich sicher nicht die Welt von heute. Ich sehe mich viel stärker in der damaligen Zeit, als das Theater noch eine Riesenrolle spielte.

Ihre Filmografie ist geprägt von der Vielschichtigkeit. Warum dieses breite Spektrum vom Kino bis zum Dokumentarfilm?

Das sind alles Rollen, die mich besuchen kommen. Der Mensch ist ja ein unendlich schillerndes Konstrukt, und wenn ich in den Angeboten neue Aspekte entdecke, greife ich zu.

Sie können sich Ihre Rollen aussuchen?

Ich kann im Augenblick nicht klagen, auch wenn es zuletzt einen leichten Einbruch gab. Aber es gibt ja auch Angebote aus dem Ausland, dadurch gleicht sich das aus. Ich könnte viel mehr Rollen annehmen, als ich je leisten könnte.

In dem Film "Rückkehr" aus der Reihe "Unter Verdacht" spielen Sie an der Seite von Senta Berger einen ehemaligen Polizeiausbilder. Was ist das für ein Mann?

Er hatte als Ausbilder in Afghanistan ein traumatisierendes Erlebnis. Seither sucht er nach einem Weg, mit seinen Ängsten umzugehen, und scheitert an sich selbst.

Verbinden Sie mit der Rolle einen politischen Anspruch?

Junge Menschen werden aus angeblich humanitären Gründen in dieses Land geschickt, aber Tatsache ist: dort herrscht Krieg. Darauf werden die Soldaten nicht vorbereitet.

Viele Ihrer Filme haben historische Hintergründe. Ist das Zufall?

Nein. Ich habe in Tübingen unter anderem Geschichte studiert. Es ist mir wichtig, mich vertikal zu verorten.

Was heißt das?

Ich weiß, dass ich nicht in diese Welt hineingeboren wurde, um ein horizontales Leben zu führen. Ich lebe auf dem Rücken der Generationen vor mir, die ihren Daseinskampf geführt haben. Das definiert mich.

Erwin Rommel, der Wüstenfuchs

Was fasziniert Sie an historischen Rollen?

Diese Figuren wurden vom Wind der Geschichte hin und her geschleudert. Sie haben uns viel zu sagen.

Warum haben Sie sich gerade mit dem Nationalsozialismus immer wieder auseinandergesetzt?

Weil diese Zeit einen exemplarischen Abgrund darstellt und natürlich Teil unserer heutigen Seele ist. Außerdem sind solche Rollen immer auch Selbsterkundungen, da finden kathartische Prozesse statt.

Demnächst verkörpern Sie Erwin Rommel, den "Wüstenfuchs". Wie bereiten Sie sich auf solche Rollen vor?

Ich lese Biografien und schaue mir dokumentarische Aufnahmen an: Wie spricht so jemand, wie bewegt er sich, wie hält er sich.

Es gibt großartige TV-Dokumentationen über die Zeit des Nationalsozialismus, aber Sie sollen gar keinen Fernseher besitzen. Stimmt das?

Das stimmt. Ich lebe ja in Italien, und wer je das Niveau des deutschen Fernsehprogramms beklagt hat, sollte sich mal das italienische Fernsehen anschauen.

Wie bleiben Sie denn auf dem Laufenden?

Ich bin natürlich ein politischer Mensch und informiere mich über aktuelle Ereignisse, aber die regelmäßige Lektüre von Zeitungen oder Nachrichtenmagazinen deprimiert mich. Außerdem mag ich es nicht, wenn einem alles fertig vorgesetzt wird, das gaukelt eine Wirklichkeit vor, die so gar nicht existiert. Ich höre lieber politische Sendungen im Radio.

Vor fünf Jahren sind Sie für die Dreharbeiten zum "Fliehenden Pferd" an den Bodensee zurückgekehrt. Wie war das Wiedersehen?

Wunderbar. Ich habe dort die schönsten Sommer meiner Kindheit verbracht. Der See und die herrliche Landschaft sind mir sehr nahe, das ist nach wie vor eine der schönsten Gegenden der Welt. Wenn mich meine Frau nicht nach Italien entführt hätte, würde ich sicherlich irgendwo am Bodensee leben.