Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)
Noch einmal zur Quotenregelung. Wieso sträubt sich Ungarn so sehr gegen diese Vereinbarung?
Lassen Sie mich ehrlich sein. Wenn ich nicht Außenminister wäre, würde ich sagen, dass die Quotenregelung eine der dümmsten Regelungen ist, die es gibt. Aber weil ich Außenminister bin, kann ich so etwas natürlich nicht sagen. Also sage ich: Das ist eine nutzlose Regelungen. Das beginnt schon damit, dass die Verteilung über Quoten nicht umzusetzen ist. Die Migranten wollen nicht nach Rumänien, Bulgarien oder auch Ungarn kommen – sie wollen nach Deutschland, also gehen sie dort auch hin. Die Quote verstößt zudem gegen die Regeln der EU, weil die Länder bis zu einem gewissen Grad zentrale Rechte verlieren. Die Staaten können zum Beispiel nicht mehr bestimmen, wen sie in ihr Land lassen und wen nicht. Außerdem glaube ich, dass die Menschen in den Krisengebieten durch die Quote ermutigt werden, sich auf den Weg nach Europa zu machen.
Die EU in der Krise. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko
Europa befindet sich nicht nur durch die Flüchtlingskrise im Umbruch. Wie sieht die EU im Jahr 2020 aus?
Europa hat seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch nie so viele Krisen zu einem Zeitpunkt meistern müssen. Es gibt einen Krieg in der Ukraine, die Terrorgefahr ist hoch wie nie, wir kämpfen gegen eine Wirtschaftskrise, es gibt die zentrale Frage der Energiesicherheit, und nun haben wir auch noch eine Migrationskrise.
Das hört sich sehr pessimistisch an.
Ich bin realistisch. Ich wäre gerne optimistischer, aber es gibt im Moment viele Fragen, auf die wir keine guten Antworten haben.