Vor der zweiten Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst dämpft der Präsident der kommunalen Arbeitgeber, Thomas Böhle, die Erwartungen der Gewerkschaften. Die Lohnerhöhung soll beträchtlich unter dem liegen, was gefordert wird.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Stuttgart. - Die Kommunen bestimmen den Takt der Tarifrunde im öffentlichen Dienst nicht weniger als der Bund. Ihr Verhandlungsführer Thomas Böhle setzt die entsprechenden Signale.
Herr Böhle, der Terminplan der Tarifrunde ist sehr eng. Sind die Warnstreiks ein Druckmittel, um keine Zeit zu verlieren?
Ich wüsste nicht, dass wir ein solches Druckmittel bräuchten. Man kann davon ausgehen, dass wir ergebnis- und konsensorientiert verhandeln. Warnstreiks haben auf diese Grundhaltung keinen Einfluss.
Inwieweit bringen die Streiks den Kommunen Verluste, wenn entgangene Einnahmen durch die Einsparung bei den Gehältern kompensiert werden?
Thomas Böhle Foto: dpa
In aller Regel ist das kostenneutral in den klassischen Bereichen – da sehe ich keine unmittelbaren wirtschaftlichen Schäden. Anders ist es, wenn kommunale Betriebe bestreikt werden, deren Umsatz darunter leidet. Aber die Bevölkerung wird natürlich erheblich beeinträchtigt.
Kann man nicht gleich zur Sache kommen statt erst in der zweiten Gesprächsrunde?
Die erste Runde ist die erste Gelegenheit, die bis dahin schriftlich vorliegenden Forderungen der Gewerkschaften im Gespräch näher zu beleuchten. Da lässt sich schon ausloten, wo Bewegungsspielraum besteht. Umso unverständlicher ist es, dass diesmal schon vor der ersten Runde Warnstreiks stattgefunden haben. Wir sollten jetzt alle Energie darauf verwenden, in der zweiten Runde weiterzukommen. Rein theoretisch halte ich es auch für vorstellbar, schon ein Ergebnis zu erzielen.
Woher rührt Ihre Zuversicht – ist demnach eine Schlichtung unwahrscheinlich?
In einer dritten Runde oder einer Schlichtung würden wir keine wesentlich anderen Verhältnisse vorfinden als jetzt. So spricht im Grunde nichts dagegen, schon jetzt zu versuchen, zur Einigung zu kommen.
Somit machen Sie ein Angebot, das näher am Ergebnis liegt als 2012?
Der Sinn von Tarifrunden ist es ja nicht primär, Angebote in die Welt zu setzen, sondern Ergebnisse zu erzielen. Darauf konzentrieren wir uns.
Wie sieht die von Ihnen in Aussicht gestellte angemessene Entgelterhöhung aus?
Sie liegt jedenfalls beträchtlich unter den 7,1 Prozent, die im Durchschnitt gefordert werden. Denn dies liegt sogar deutlich höher als das, was die Gewerkschaften derzeit in Tarifverhandlungen anderer Branchen verlangen. Und nach wie vor halten wir es für hochproblematisch, einen Sockelbetrag zu vereinbaren. Wir wollen keine gesonderten Entgelterhöhungen für ausgewählte Beschäftigungsgruppen. Ein überproportionaler Anstieg der Lohnkosten in den unteren Entgeltbereichen bedroht die Konkurrenzfähigkeit der kommunalen Unternehmen und belässt in den höheren Entgeltgruppen, wo wir in einem intensiven Wettbewerb von Fach- und Führungskräften stecken, weniger Spielräume.
Geld für weniger gut bezahlte Beschäftigte geht aber quasi direkt in den Konsum.
Deswegen haben wir ja seit 2008 Entgeltsteigerungen von bis zu 20 Prozent vereinbart. Da gibt es keinen Nachholbedarf. Stellenweise liegen die Verdienstmöglichkeiten deutlich über denen der Privaten: im Nahverkehr in einer Größenordnung von bis zu 25 Prozent und bei der Entsorgung bis zu 32 Prozent. Hier eine Schippe draufzulegen, vergrößert die Gefahr von Privatisierungen. Außerdem haben wir derzeit eine sehr hohe Binnennachfrage, die nicht zwingend von uns gesteigert werden muss.