Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)
Wollen Sie sich komplett zurückziehen?
Nein, das Format „Ich trage einen großen Namen“ führe ich fort. Es existiert noch länger als das „Nachtcafé“ und ist mindestens so erfolgreich.
Beide Sendungen stehen für das klassische dritte Programm. Müssen Sie nun eingestehen: das ist nicht mehr zeitgemäß, ich gehe lieber, bevor jemand sagt, das wollen wir nicht mehr?
Nein. Die Sendung ist nach wie vor sehr erwünscht.
Auch von Ihren Chefs?
Ja. Von der ersten Sendung an waren die Zuschauer auf unserer Seite. Und übrigens auch die Stuttgarter Zeitung, die sofort über uns geschrieben hat, das werde ich nie vergessen. „Ein gut verstecktes Schmuckstück“ lautete damals die Überschrift. Als wir im Februar 1987 anfingen, hätte trotzdem niemand von uns gewettet, dass die Sendung auch nur ein Jahr überlebt. Ganz am Anfang war der Rückenwind von oben eher lau. Aber das hat sich schnell geändert, seither wurde die Sendung nicht mehr infrage gestellt.
Es wird gerade am dritten Programm sehr viel gebaut. Stand das „Nachtcafé“ bei den Reformen also nie zur Disposition?
Nein. Das Format gilt nach wie vor als ein Flaggschiff des SWR Fernsehens. Das Ende soll gebührend gefeiert werden; am 12. Dezember wird die letzte Sendung über den Schirm flimmern.
Der Wegfall wird eine große Lücke ins Programm reißen. Haben Sie eine Vorstellung, was nachkommen soll? Dürfen Sie Wünsche äußern?
Wenn mein Rat gefragt ist, stehe ich selbstverständlich bereit. Noch ist sehr viel offen. Fest steht, dass es auf diesem Sendeplatz wieder eine Talkshow geben wird. Sie wird vermutlich nicht mehr aus dem Ludwigsburger Schloss Favorite kommen können, weil das Gebäude im nächsten Jahr renoviert wird.
Wie sehen Sie die Entwicklung der dritten Programme in den vergangenen 27 Jahren?
Die Dritten stehen in einem Spagat. Sie müssen einerseits ihre Legitimation durch Reichweite belegen wie die Hauptprogramme. Andererseits sollen sie der Ort sein, wo Platz ist für die Kultur, für das Intellektuelle. Die Leute, die jetzt auf der Kommandobrücke stehen, versuchen, diesen Spagat zu schaffen. Und ich traue ihnen viel zu. Aber ein Programm ist wie ein Supertanker: Sie brauchen einen langen Atem, bis das Schiff einen neuen Kurs aufnimmt. Und Sie brauchen viel Kraft gegen Widerstände in den eigenen Reihen, die an Gewohntem gerne festhalten.
Als Sie anfingen, war Helmut Kohl Bundeskanzler, die Mauer stand noch, RTL war drei Jahre alt. An nennenswerten Talkshows gab es „3 nach 9“, den „Kölner Treff“, nicht viel mehr.
Stimmt. Damals gab es im deutschen Fernsehen keine thematische Talkshow – wir haben uns am „Club 2“ aus Wien orientiert. Aber schon mit der ersten Sendung haben wir die Gunst der Zuschauer erobert. Ende der Achtziger kamen dann die Nachmittags-Talkshows bei den Privaten, das war ein Fall ins Bodenlose und hat die ganze Zunft beschädigt. Dann fing Sabine Christiansen an, irgendwann kamen all die anderen von Beckmann bis Will. Als die letzte Welle der Flut heranschwappte, dachten wir, jetzt wird es schwierig.
Weil sich alle um die gleichen Gäste schlagen müssen?
Ja, der Markt an Prominenten ist praktisch abgegrast. Glücklicherweise hatten wir schon immer eine andere starke Facette mit den persönlich recherchierten Geschichten von Unbekannten. Und so hat uns die Talkshowflut in ARD und ZDF erstaunlicherweise kaum geschadet.