Wissenschaftsministerin Theresia Bauer wirbt im Interview zum StZ- Hochschulatlas für den Bachelor - und beantwortet die Frage, wie sich die Hochschullandschaft in Baden-Württemberg in Zukunft verändern wird.

Stuttgart - Theresia Bauer, die grüne Wissenschaftsministerin, wirbt für den Bachelor. Niemand sollte befürchten, der Abschluss reiche nicht aus, sagt sie.

 
Frau Bauer, was würden Sie studieren, wenn Sie jetzt anfangen würden?
Ich habe mein Fach mit großer Leidenschaft studiert. Ich habe Politikwissenschaft mit Volkswirtschaftslehre und Germanistik kombiniert und es nicht bereut.
Sollen immer mehr Leute studieren?
Inzwischen nehmen 50 Prozent eines Jahrgangs ein Studium auf. Das ist im internationalen Vergleich in Ordnung. Es ist nicht das Ziel, die Zahlen immer weiter zu erhöhen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen, die ein Studium anfangen, eine informierte Entscheidung treffen und einen erfolgreichen Abschluss machen können. Ansonsten wollen wir für Anschluss- und Umstiegsmöglichkeiten sorgen. Wer eine duale Ausbildung macht, soll sich danach für ein Studium entscheiden können. Wer aus dem Studium aussteigen will, soll leichter umsteigen können. Das Ziel ist, alle, ausgehend von ihren Begabungen und Interessen, möglichst gut zu qualifizieren.
Müssen die Informationsmöglichkeiten besser werden?
Wir machen schon viel, aber wir sind dabei die Informationen zu verbessern. Wir wollen jetzt an den Schulen systematisch die Berufs- und die Studieninformation zusammenbringen. Das sind ja keine konkurrierenden Informationen. Besonders die Gymnasiasten sollen einen Überblick über die Chancen auf beiden Wegen bekommen.
 
Sollen Abiturienten möglichst die technischen Mintfächer studieren?
Nein. Natürlich sind die Mintfächer von besonders großer Bedeutung für unseren Arbeitsmarkt. Wir sind ein Hochtechnologiestandort und haben einen deutlichen Bedarf an Ingenieuren. Aber man soll immer das studieren, was der eigenen Neigung und Leidenschaft entspricht.
Werden Sie in Zukunft das Studienplatzangebot stärker steuern?
Wir müssen schauen, dass Studienangebote ausgelastet sind. Das ist aber praktisch überall der Fall. Für die Mangelfächer versuchen wir in besonderer Weise zu werben.
Sie haben nach dem Abschluss der neuen Finanzierungsvereinbarung für die Hochschulen angekündigt, dass Sie zusammen mit den Rektoren Qualitätskriterien für die Hochschulen aufstellen wollen. Wie weit sind Sie?
Wir können schon in den Jahren 2015 und 2016 etwas mehr als 2200 Stellen in den Hochschulen ausbringen. Befristete Stellen werden zu dauerhaften. Es sind auch ganz neue Stellen dabei. Bis zum Ende des Pakts im Jahr 2020 wollen wir bis zu 3800 Stellen schaffen. Das verbessert die Qualität erheblich. Jetzt können die Hochschulen eigene Schwerpunkte entwickeln und mit Dauerarbeitsplätzen unterlegen.
Was macht ein gutes Studium aus?
Ein wichtiges Kriterium ist, ob der Studieneinstieg funktioniert. Gelingt es, sich an der Hochschule zu orientieren? Gibt es eine professionelle Beratungs- und Begleitungsstruktur? Gibt es individuelle Zusatzangebote? Die Voraussetzungen der Studienanfänger sind unterschiedlicher geworden, deshalb brauchen wir individuell angepasste Angebote, um einen guten Start zu ermöglichen. Der zweite Indikator ist die Schwundquote. Wenn 30 bis 40 Prozent nicht zum Abschluss kommen, ist etwas nicht in Ordnung. Ein weiterer Indikator ist, wie viele Studierende ein Professor betreut. Bei dieser Quote steht Baden-Württemberg bundesweit gut da.
Wird das Land seine Zuschüsse einmal davon abhängig machen, wie gut eine Hochschule arbeitet?
Wir können durchaus einmal dazu kommen, dass wir nicht nur die Anfänger zählen, sondern auch die Absolventenzahlen betrachten. Aber es gibt noch keine belastbaren Zahlen und Systeme.
Wie sieht die Hochschullandschaft in Baden-Württemberg in zehn Jahren aus?
Wir werden noch deutlicher unterschiedliche Profile vorfinden. Nicht alle Studierenden wollen ja Wissenschaftler werden. Man wird noch deutlicher erkennen können, dass man sich an unterschiedlichen Hochschularten unterschiedliche Qualifikationen erarbeitet. Die duale Hochschule wird weiter gestärkt werden. In der engen Kooperation mit der Abnehmerseite bekommt man sehr praxisnah eine hervorragende Ausbildung. Es wird auch sehr viel engere Kooperationen zwischen den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und den Universitäten geben. Man wird Umstiege erleichtern. Und unsere Hochschulen werden in zehn Jahren sehr viel stärker international aufgestellt sein. Die Probleme, die wir zu bearbeiten haben, sind fast alle globaler Art. Es ist wichtig, im Studium die Perspektive der Welt schon mal zu erleben.
Wie wird sich das Verhältnis Bachelor und Master entwickeln?
Das Verhältnis wird davon abhängen, wie gut der Bachelor ist. Deswegen ist es wichtig, einen anerkannten Bachelorabschluss zu machen, der eine eigene Karriere eröffnet. Das Vertrauen ist noch nicht überall da. Deshalb wollen viele den Master gleich dransetzen. Ich möchte gerne weiter nach der Devise verfahren, dass Anschlüsse möglich sein müssen. Wir sollten die Leute nicht vom Studieren abhalten. Aber sie sollten nicht aus Angst davor, dass sie mit dem Bachelor nicht gut durchs Leben kommen, weiterstudieren. Man muss stärker sichtbar machen, was man mit dem Bachelor alles werden kann. Die Berufsaussichten, sei es Bachelor oder Master, sind doch so gut wie nie.