Als risikolastig und Gefahr für die Mineralquellen gilt vor allem auch der Nesenbach-Düker, der noch tiefer unter dem Bahnhofstrog verlegt werden muss.
Die Bauweise eines Dükers ist Hunderte von Jahren alt. Das ist eine Frage von Physik und Hydraulik, an diesen Gesetzmäßigkeiten hat sich nichts geändert. Der Querschnitt wird dabei so ausgebaut, damit die berechnete Menge problemlos abfließen kann. Da kann nichts passieren, auch nicht den Mineralquellen. In der Region Stuttgart gibt es die höchste Dichte an qualifizierten Ingenieurbüros und Fachkräften, sowohl in der Planung als auch in der Bauausführung. Diesem einzigartigen Know-how können die Bürger durchaus vertrauen und sich etwas zurücklehnen.

Schwer vermittelbar, bei solch einem gigantischen Projekt.
Ich glaube, dass man sich über die Dimensionen in einem viel größeren Kontext bewusst sein muss. Das hat nichts mit Gigantismus zu tun. Es ist eine Riesenriesenchance, die Stadtentwicklung und die gesamte Region voranzutreiben, die Infrastruktur auszubauen. Die Zugstrecke Paris–Bratislava mag dabei nicht der vordringlichste Punkt sein, sie ist aber ein Baustein. Hunderttausende von Touristen und Fachleuten werden nach Stuttgart kommen, um sich anzuschauen, was hier entsteht. Nämlich nicht nur ein neuer Bahnhof, sondern auch ein ganzes Stadtquartier, das Rosensteinviertel.

Einem Spielfeld für Großinvestoren, die dort gesichtslose Bürotürme hochziehen werden, wie viele bei den Grundstückspreisen in der Innenstadt befürchten.
So ein Quartier planen zu können, ist eine einmalige Gelegenheit, und die Stadt Stuttgart wird ein hohes Interesse haben, dort nachhaltige Entwicklung zu betreiben. Es muss ein modernes Wohnquartier entstehen, ein Stadtviertel, das neue Standards setzt. Dazu müssen neue Baustoffe und neue Technologien eingesetzt werden, und es muss ressourceneffizient und generationsgerecht gebaut werden.

Hört sich gut an – aber wer soll das bezahlen?
Wir leben heute davon, was Generationen vor uns geschaffen haben, was mit einem enormen Substanzverzehr verbunden ist. Auch unsere Generation hat die Verpflichtung, Neues zu schaffen. Wenn solche Visionen tatsächlich realisiert werden können, werden enorme Kräfte in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft freigesetzt. Wir müssen nachhaltig bauen und haben nach der Energiewende auch keine andere Wahl. Wir sind schon jetzt hart an der Grenze zum Verzug und müssen handeln. Das Thema erneuerbare Energien muss in Gebäuden umgesetzt werden. Und es ist sehr wohl finanzierbar, weil niedrigere Betriebskosten herauskommen. Die Erstellung eines Bauwerks macht normalerweise zehn bis 20 Prozent der Gesamtkosten. Wenn man dann bei den restlichen 80 Prozent wesentlich effizienter ist, rechnet sich das betriebswirtschaftlich. Stuttgart kann mit solch einer Stadtentwicklung weltweit an Bedeutung gewinnen.

Und Züblin könnte das Vorzeigequartier bauen. Hat sich das Unternehmen noch für andere Stuttgart-21-Aufträge beworben?
Wir haben uns an allen Ausschreibungen beteiligt, bei denen Tunnelbau oder Ingenieurleistung gefragt sind. Bei einigen sind wir aktuell auch noch im Rennen, etwa den anstehenden SSB-Maßnahmen, also der neuen Haltestelle Staatsgalerie und der Verlegung der Stadtbahntunnel an der Heilbronner Straße. Die Verhandlungen laufen, und wir wären natürlich nicht traurig, auch hier den Zuschlag zu bekommen.

Der Auftrag für den Tiefbahnhof ist für 323 Millionen Euro über den Tisch gegangen. Wie ist das vom Volumen einzuordnen?
Der Tiefbahnhof ist für Züblin eine der größeren Maßnahmen. Wir sind aktuell aber beispielsweise auch für den Bau des großen Einkaufszentrums auf dem sogenannten A1-Gelände am Bahnhof und für das Gerberviertel im Wettbewerb. Auch das sind Maßnahmen mit einem Volumen von mehreren Hundert Millionen.

Schafft Stuttgart 21 bei einer Firma wie Züblin neue Arbeitsplätze?
Die Zahl unserer Mitarbeiter richtet sich nach dem normalen Entwicklungsplan des Unternehmens. Mit der Zahl der Bauprojekte, die immer umfangreicher und aufwendiger werden, wachsen wir natürlich. So gesehen trägt natürlich auch Stuttgart 21 zur Konjunktur bei. Dabei ist es allerdings gar nicht mehr so einfach, genügend Nachwuchs zu bekommen.

Das gilt aber nicht als Ausrede, sollte der Tiefbahnhof nicht rechtzeitig fertig werden.
Wir pflegen intern einen Spruch: Am 13. Dezember 2020 treffen wir uns mittags um 12 Uhr am Gleis sechs zum Anstoßen, dann ist der Fahrplanwechsel und alles ist fertig. Von Baubeginn an sind das sieben Jahre, und wir werden unsere besten Kräfte einsetzen, die wir im Übrigen schon länger für das Projekt vorgesehen haben. Unsere Mannschaft steht.