Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag die Rechte der Verbraucher im Internet gestärkt. Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht sieht in dem Urteil ein gutes Argument für die geplante EU-Datenschutzverordnung.

D - Herr Albrecht, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen Google hat positive Reaktionen nach sich gezogen. Ist es ein Meilenstein?
Es bringt wichtige Klarstellungen, aber nichts grundsätzlich Neues: Auch Suchmaschinen müssen das Datenschutzrecht einhalten, wenn sie unsere Daten verarbeiten. Und das Recht auf Löschung ist Teil davon. Das war schon die ganze Zeit so und wird mit dem Urteil nicht wirklich groß verändert.
Nichts Neues? Es wurde doch immerhin höchstrichterlich festgestellt, dass sich auch US-Unternehmen an europäisches Recht halten müssen.
Auch das ist eine wichtige Klarstellung, aber diese Rechtsposition haben schon viele vertreten. Wir als Europaparlament haben oft daran erinnert, dass sich auf dem EU-Markt aktive US-Firmen auch ohne die anstehende Reform, sondern schon bei geltender Rechtslage an hiesiges Recht zu halten haben.
Da also geltendes Recht samt dem Recht auf Datenlöschung so ausdrücklich bestätigt ist: Warum braucht es dann die neue EU-Datenschutzverordnung? Das Löschrecht ist darin doch ein zentraler Punkt.
Das wird oft so dargestellt, stimmt aber nicht. Die entscheidende Neuerung in dieser Verordnung ist, dass das Recht besser und einheitlich durchgesetzt werden soll. Statt 28 verschiedenen Gesetzen, soll in der EU nur noch eines greifen. Wird es nicht befolgt, drohen Sanktionen, die bis zu fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes ausmachen können und damit endlich auch Google wehtun würden.
Das ist mit dem neuen Urteil noch nicht der Fall?
Dass Google, wie nun nachgewiesen, das Recht verletzt, hätte das Unternehmen wissen können und sollen. Vielleicht haben sie es bei Google sogar gewusst. Ganz offensichtlich ist es ihnen aber nicht so wichtig gewesen, sich daran zu halten, da sie keine harten Strafen zu befürchten haben. Daher ist das Urteil ein klares Argument für die neue Verordnung. Es kann doch nicht sein, dass nun jeder einzelne Fall über Jahre vor europäischen Gerichten ausgefochten werden muss. Die Politik muss aktiv werden. Wir brauchen ein durchsetzbares Datenschutzgesetz.
Wie steht es darum? Das EU-Parlament hat im Herbst für die Reform gestimmt, die Regierungen dagegen zögern – nicht zuletzt die deutsche.
Nach zweieinhalb Jahren Debatte liegt im Rat kein Ergebnis vor – das ist fast Arbeitsverweigerung. Ich würde erwarten, dass die Minister bei ihrem nächsten Treffen Anfang Juni das Urteil zum Anlass nehmen, um endlich gesetzgeberisch tätig zu werden.
Die Bundesregierung argumentiert mit Merkels Motto „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ – ersetzt doch die Verordnung das gesamte deutsche Datenschutzrecht.
Natürlich muss gründlich gearbeitet werden, aber nichts zu machen ist keine Option. Wir haben uns im Parlament nach zwei Jahren zwischen Dutzenden Parteien auf eine Position geeinigt, die in die Richtung dessen geht, was das Urteil anmahnt. Die Bürger können nicht mehr länger warten, da ihre Rechte täglich millionenfach verletzt werden. Es können ja nicht alle zum EuGH nach Luxemburg gehen.