Andreas Deuschle gilt als Integrationsexperte und leitet seit elf Jahren die Stuttgarter Einbürgerungsbehörde. Am Montag erklärt er im Bundestag, was er von der neuen Optionsregelung hält.

Stuttgart – - Andreas Deuschle leitet seit elf Jahren die Stuttgarter Einbürgerungsbehörde. Am Montag spricht er vor dem Innenausschuss des Bundestages zur Änderung der sogenannten Optionspflicht. Er sieht die geplante Neuregelung als Verbesserung gegenüber der alten. Das bisherige Verfahren sei mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden, sagt er.
Herr Deuschle, warum wurden gerade Sie ausgewählt, in Berlin zu sprechen?
Das Integrationsministerium hat mich gefragt, weil ich eine große Einbürgerungsbehörde leite und deshalb aus der Praxis berichten kann. Ich bin jedenfalls froh, dass ich als Praktiker gehört werde.
Dann würde ich Sie jetzt bitten, die Optionsregelung verständlich zu erklären.
Die Optionsregelung wurde eingeführt, weil man in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern die Möglichkeit eröffnen wollte, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Bis zum 23. Lebensjahr müssen sich die Kinder zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Das bisherige Verfahren ist mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden.
Wie viele Stuttgarter Migranten fallen unter die Optionsregelung?
Bisher haben wir die Geburtsjahrgänge 1990 bis 1995 angeschrieben, das sind 557 junge Migranten. 113 Männer und Frauen haben den erforderlichen Nachweis erbracht, dass sie die ausländische Staatsangehörigkeit abgegeben haben. In 69 Fällen haben wir die doppelte Staatsangehörigkeit genehmigt. 19 Menschen haben die Option verloren, in weiteren 15 Fällen wird die Feststellung des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit derzeit angefochten. Ab dem Jahr 2018 fallen nach der bisherigen Regelung tausend Personen jährlich unter die Optionspflicht.
Entscheiden sich die jungen Migranten für den deutschen Pass?
Die allermeisten, ja. Beim Jahrgang 1990 haben sich von 73 Betroffenen nur zwei für die ausländische Staatsangehörigkeit entschieden, alle anderen für die deutsche.
Wie sehen Sie die geplante Neuregelung?
Am einfachsten für uns wäre es natürlich gewesen, wenn man den betroffenen Migranten ohne weitere Prüfung die doppelte Staatsangehörigkeit zugesprochen hätte. Aber dafür fehlt die politische Mehrheit. Ich bin ein Pragmatiker und sehe deshalb die Neuregelung als Verbesserung gegenüber der alten.
Was ist besser?
Eine große Gruppe kann nach der Neuregelung die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr verlieren. Wer bis zu seinem 21. Lebensjahr acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre hier die Schule besucht hat oder einen Schulabschluss vorweisen kann, muss sich nicht mehr zwischen zwei Staatsangehörigkeiten entscheiden. Die Krux für uns als Verwaltung ist, dass in der Neufassung nicht klar geregelt ist, dass die Voraussetzungen bereits frühzeitig von Amts wegen geprüft werden können, sondern bis zum 21. Lebensjahr gewartet werden muss. Darüber hinaus ist es bei mehreren Umzügen innerhalb Deutschlands sehr aufwendig nachzuvollziehen, ob jemand acht Jahre in Deutschland gelebt hat. Es gibt in diesem Fall keine durchgehende Meldekette.
Was fordern Sie noch?
Eine unkomplizierte Altfallregelung. Wir haben in Stuttgart einige Migranten, denen wir den deutschen Pass nicht lassen konnten, obwohl sie alles richtig gemacht haben. Nur konnten sie die Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht fristgerecht vorweisen. Sie haben schlicht nicht damit gerechnet, dass sich bestimmte Länder viel Zeit nehmen, bis sie einen ihrer Staatsbürger entlassen.