Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Wollen Sie den Bereich in die Illegalität drängen?
Ich will diesen Bereich nicht in die Illegalität drängen, ich will, dass es für die Freier illegal ist. So wie Beleidigung, Körperverletzung und Vergewaltigung selbstverständlich illegal sind. Und hier wie auch bei Diebstahl oder Mord kommt niemand mit dem armseligen Argument um die Ecke, ein Verbot könne dies eh nicht verhindern. Der Preisverfall schafft einen riesigen Markt, das ist unsere Legalität. Es ist nicht so, dass es in Schweden keine Prostitution mehr gibt, aber sie geht zurück.
Die große Koalition in Berlin hat ohnehin schon große Mühe, sich zu einigen. Was sind Ihre konkreten Ziele?
Wenn ein Prostitutionsverbot in Sichtweite nicht zu erreichen ist, bin ich für jeden kleinen Schritt, der sie erschwert. Einer wäre die Gesundheitsprüfung. Früher hieß das Bockschein und war faktisch diskriminierend. Sie wäre oft die einzige Chance, dass die Prostituierten heraus kommen und mit anderen Frauen über ihre Situation sprechen können. Der große Teil meiner Partei fürchtet jedoch eine erneute Stigmatisierung.
Das Mindestalter von 21 Jahren ist ähnlich strittig.
Auch da ist meine Partei nicht mehrheitlich bei mir. Ich glaube aber, dass es nutzen würde, um die ganz jungen Frauen besser zu schützen.
Warum bremst die SPD – weil sie die Liberalisierung einst mit den Grünen beschlossen hat?
Große Teile von SPD und Grünen sowie die Linkspartei teilen nicht meine Position. Von den Bundestagsfraktionen ist die CDU mir hier näher als meine Partei. Dies nehme ich staunend zur Kenntnis. Es kann sein, dass das auf 2002 zurückgeht und dass die damalige Haltung zur Legalisierung noch immer da ist. Das zu bohrende Brett ist schon ziemlich dick.
Umstritten ist der Einfluss von Lobbyistinnen.
Ich hatte mal eine Auseinandersetzung mit einer Verbandsvertreterin, die mich kritisiert hat, ich würde Politik ohne die Betroffenen machen. Dann habe ich gesagt: Wie soll ich einen Stuhlkreis machen mit Zwangsprostituierten, die keinen Pass und keine deutschen Sprachkenntnisse haben. Diese Verbände vertreten alles, nur keine Zwangs- und Armutsprostituierten. Ich finde daher, dass man da auf die Falschen hört.