Kathrin Demmler erklärt im Interview mit der Stuttgarter Zeitung, wie wertvoll es sein kann, jungen Lesern mediale Vielfalt zu vermitteln.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)
Stuttgart - Jugendlichen ist die Zeitung mittlerweile fremd, heißt es. Doch war das früher wirklich anders? Haben 14-Jährige, bevor es das Internet gab, tatsächlich Tageszeitung gelesen?
Die Schüler haben die Zeitung auch damals natürlich nicht am Kiosk gekauft. Aber zumindest lag sie bei den Familien zu Hause auf dem Tisch. Umso weniger die Tageszeitung daheim verfügbar ist, desto seltener kommen junge Leser damit in Berührung. Die Mediennutzung ist individueller geworden. Wie viel junge Menschen lesen, hat sich aber nicht verändert seit es Internet und Smartphones gibt. Die Jugendlichen lesen auf verschiedenen Kanälen und in Büchern – Mädchen mehr als Jungen.
Welche Medien nutzen sie denn bevorzugt, um Informationen zu bekommen?
Natürlich spielt das Internet dabei die wichtigste Rolle, sie nutzen es mit dem Smartphone oder dem Laptop. Die Jugendlichen suchen gezielt nach dem, was sie interessiert. Und im Netz haben sie ein großes Angebot. Wenn sie Sport mögen, können sie nicht nur einen journalistischen Artikel dazu lesen, sondern auch auf die Homepage eines Vereins gehen, bei Social Media einem Club folgen und Ähnliches.
Die Jugendlichen sind heute also nicht gleichgültiger, sondern nur selektiver?
In ihren Interessengebieten kennen sie sich genauso gut aus wie die Jugendlichen früher. Ein Problem gibt es dennoch: Es ist schwieriger geworden, über Informationen zu stolpern, die einen sonst vielleicht gar nicht interessiert hätten. Oft bleiben junge Leser enger in ihrem Horizont, als das früher der Fall war.
Glauben Sie, Projekte wie „Zeitung in der Schule“ sind sinnvoll?
Ja. Alles ist sinnvoll, was Jugendlichen Zugang zu verschiedenen Informationsquellen verschafft. Sei es in einer Zeitung oder im Internet. Ihr Horizont wird geweitet.
Sind Jugendliche denn ausreichend informiert über Medienkonsum und Mediennutzung? Beispielsweise was den Wahrheitsgehalt von Informationen im Netz angeht oder bezüglich den Themen Urheberrechtsverletzung und Datenschutz?
Jugendliche sind fasziniert von Medien, und das ist gut. Sie brauchen aber unbedingt Bezugspersonen, die ihnen Gesprächsanlässe und Anregungen geben. Jugendliche wissen zwar, dass sie aufpassen müssen, was sie bei Facebook von sich preisgeben, und sie kennen die Debatte über die NSA. Das führt aber in erster Linie zu Verunsicherungen. Es ist viel verlangt von jungen Menschen, allein zurechtzukommen mit dem Konflikt zwischen dem Drang, sich in der Internetwelt selbst darzustellen einerseits, und der Notwendigkeit, die eigenen Daten zu schützen, Informationen zu sortieren und auszuwählen andererseits. Das Problem ist: auch die Erwachsenen wissen oft nicht ausreichend Bescheid und rätseln, wie man mit der Situation umgehen soll. Medienthemen müssen stärker in den Bildungsplänen verortet werden. Da gibt es großen Ausbaubedarf.