Der Präsident der Landesapotheker­kammer, Günther Hanke,
spricht über mögliche Auswirkungen des Luxemburger Urteils.

Stuttgart -

 
Herr Hanke, was bedeutet das Urteil des EuGH für die Apotheken?
Für die Apotheken ändert sich zunächst einmal gar nichts. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt ja nach wie vor. Das Urteil betrifft nur ausländische Apotheken und Versender. Wie es nun weitergeht, wird man sehen. Ich bin kein Prophet. Vielleicht klagt jemand dagegen, das Stichwort hierzu lautet Inländerdiskriminierung. Vielleicht entscheidet sich der Gesetzgeber auch für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Letzteres war immer wieder einmal im Gespräch. Ich würde ein solches Verbot begrüßen. Die Verschreibungspflicht gibt es nicht zum Schutz des Apothekers, sondern zum Schutz des Patienten. Es ist abenteuerlich, was da an Fälschungen über den Versandhandel ins Land kommt.
Noch einmal zur Preisbindung. Sie garantiert gleiche Preise allerorten, aber eben auch gleich hohe Preise, wie manche Kritiker sagen. Wie sehen Sie das?
Deutschland befindet sich im Mittelfeld, was die Arzneimittelpreise anbelangt. Wenn hohe Arzneimittelpreise kritisiert werden, hat das überhaupt nichts mit den Apotheken zu tun. Egal ob das Arzneimittel acht, 800 oder 8000 Euro kostet, die Apotheke erhält immer nur ihren Zuschlag von drei Prozent plus 8,35 Euro. Für die hohen Preise sind die Pharmaunternehmen zuständig, nicht die Apotheken. Es gibt viele Kollegen, die gar nicht glücklich sind, wenn sie die besonders teuren Präparate besorgen müssen, sie müssen ja in Vorleistung treten. Im Übrigen, der Staat verdient mit 19 Prozent Mehrwertsteuer mehr als jeder Apotheker, der nur auf etwa 16,4 Prozent kommt, gemessen am Abgabepreis eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels.
Ausländische Versandhändler wie Doc Morris haben jetzt einen Wettbewerbsvorteil. Was bedeutet das langfristig für die deutschen Apotheken?
Wenn nur noch das Geld die Welt regiert, wird die flächendeckende Versorgung mit Apotheken nicht nur gefährdet sein, sondern sie wird verloren gehen. Ich weise darauf hin, dass holländische Versender in Deutschland keinen Notdienst machen. Der Gesetzgeber hat das erkannt, deshalb hat er uns einen Notdienstzuschlag zugestanden. Langfristig befürchte ich eine Rosinenpickerei bei den Apothekenstandorten, und in einzelnen Regionen dürften die Preise auch noch einmal nach oben gehen. Kämen dann eventuell noch Apothekenketten, wäre das ganz bitter für die Patienten, denn sie würden die Preise so gestalten, wie es ihnen passt.
Aber die Preise würden teils sicher auch fallen?
Ja, aber nach einer gewissen Zeit würden sie sicher wieder steigen.