15 Monate lang hat sie nicht mehr geboxt. Am Samstag tritt die Stuttgarter Boxamazone Alesia Graf gleich in der Höhle der Löwin an: In Mexiko-City kämpft sie gegen die Weltmeisterin Zulina Munoz.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)
Nach 15 Monaten Kampfpause zieht es die Stuttgarter Boxamazone Alesia Graf wieder in den Ring. Die Aufgabe ist keine leichte: Am Samstag tritt die 33-Jährige in Mexiko-Stadt gegen die Lokalmatadorin und WBC-Weltmeisterin im Super-Fliegengewicht (bis 52 Kilogramm), Zulina Muñoz, an.
Frau Graf, Ihre Gegnerin Zulina Muñoz ist in ihrer Heimat ein Star. Wieso hat man im Lager der Weltmeisterin gerade Sie als Gegnerin ausgesucht?
Es stimmt, das Zulina eines der bekanntesten Gesichter im Frauenboxen ist. Wenn sie kämpft, dann ist die Halle gut gefüllt. Wir werden im World Trade Center Mexiko gegeneinander antreten – und das Fernsehen ist mit Fox Sports live dabei. Von ihrem 43 Kämpfen hat Zulina lediglich einen verloren. Das war im September 2007 in Rostock gegen mich. Es war also aus ihrer Sicht an der Zeit für einen Rückkampf.
Sie haben lange nicht mehr geboxt. Ihre Gegnerin war damals in Rostock erst 19 Jahre alt. Inzwischen ist sie mit 26 viel erfahrener. Ist so ein WM-Kampf da kein Risiko?
Ich bin gut vorbereitet, stehe das ganze Jahre über voll im Training – auch bei meinem Boxkursen für Manager, die ich nebenberuflich gebe. Und vom Profiboxen habe ich noch lange nicht genug, will noch mindestens drei Jahre weitermachen. Als ich vor sechs Wochen das Angebot von Zulina Muñoz bekam, da habe ich sofort zugesagt. Um mich auf die Höhenluft in Mexiko-City vorzubereiten, war ich mit meinem Trainer Heinz Schultz auch im Trainingslager in der Schweiz.
Nach einer Hochphase mit Regina Halmich, Ina Menzer und Ihnen ist das Frauenboxen in Deutschland quasi tot. Woran liegt das?
Das hat zum einen mit dem Fernsehen zu tun. Das ZDF hat sich vor einigen Jahren ohne den „Tiger“ Dariusz Michalczewski und die Klitschko-Brüder, die zu RTL gingen, komplett aus dem Boxen zurückgezogen – und die ARD zeigt keine Kämpfe der Frauen. Das ist aber andererseits auch die Schuld einiger Promoter. Da wurde zuletzt viel zu wenig an Qualität geboten. So gab es Sportlerinnen, die durften schon nach fünf Kämpfen um die WM boxen. Das geht natürlich überhaupt nicht.
In Mexiko sieht das offenbar anders aus. Wie ist dort der Stellenwert des Frauenboxens?
Dort ist unsere Sportart wie etwa auch in Australien richtig populär, es ist quasi ein Volkssport. Es gibt daher viele gute Boxerinnen, die unheimlich motiviert sind. Denn sie stammen meist aus bescheidenen Lebensverhältnissen – und haben im Ring überhaupt nichts zu verlieren.
Sie haben bereits 2010 in Mexiko geboxt – aber gegen Ana Maria Torres verloren.
Trotzdem überwiegen die schönen Erlebnisse. Wir haben damals in Mexikos größter Stierkampfarena gekämpft. Da war richtig was los. Ein schönes Erlebnis, doch ich bin zu früh angereist, fühlte mich drei Tage super, war aber dann am Kampfabend wegen der Zeitumstellung etwas platt. Daher fliegen wir diesmal erst am Mittwoch, drei Tage vor dem Kampf.
Sie haben zwei der letzten vier Kämpfe verloren, boxten zuletzt auch in Australien. Sind Sie noch auf einem Topniveau?
Ich war in meiner Karriere nie lange verletzt, daher habe ich noch genug Ausdauer, Können und Fitness, um mir den WM-Titel zu holen. Ich will Zulina Muñoz in der Höhle der Löwin besiegen – und danach noch einige Male den Titel verteidigen.