Exklusiv Der baden-württembergische FDP-Vorsitzende Michael Theurer hat seine Partei vor einer Abkehr vom europa-freundlichen Kurs gewarnt. Die FDP müsse in der Europapolitik „pro-europäisch, marktwirtschaftlich und subsidiär“ sein.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)
Stuttgart – - Der Europaabgeordnete Theurer stellt sich gegen Vorstöße, den europafreundlichen Kurs der FDP zu korrigieren. „Nationalstaatsromantiker“ dürften nicht das Sagen haben.
Herr Theurer, an diesem Wochenende trifft sich die FDP zum ersten Parteitag nach ihrer historischen Wahlniederlage am 22. September. Erwarten Sie ein Scherbengericht?
Die FDP ist nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag in einer äußerst schwierigen Lage. Der Blick in den Rückspiegel macht nur Sinn, wenn er dazu genutzt wird, die Dinge künftig besser zu machen. Darauf sollte sich die Partei konzentrieren.
Der designierte Parteichef Christian Lindner will die FDP sympathischer machen, sie auch für Bündnisse jenseits der CDU öffnen – aber ansonsten keine radikale Kurskorrektur vornehmen. Reicht das aus?
Fakt ist, dass die FDP bei der Bundestagswahl nicht als sympathisch wahrgenommen wurde. Wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft, sind aber von dieser Mitte nicht getragen worden. Christian Lindner ist genau der Richtige, um dies wieder zur Übereinstimmung zu bringen. Die FDP hat sich in den letzten Jahren verengt auf das Thema Steuersenkung. Diese Reduzierung auf den Homo oeconomicus war ungut. Wir brauchen den liberalen Markenkern: die Marktwirtschaft – aber wir müssen sie mit Fairness verbinden. Und wir müssen die anderen liberalen Themenfelder – Bürgerrechte, ökologische Marktwirtschaft, Datenschutz, Graswurzeldemokratie – wieder stärker ins Zentrum unserer Politik holen.
Die erste große Bewährungsprobe für die neue Parteiführung wird die Europawahl im Mai. Als Spitzenkandidat hat Alexander Graf Lambsdorff den Hut in den Ring geworfen – ein bisher nur wenigen Deutschen vertrauter Europaabgeordneter. Wäre nicht eine prominente Figur besser?
Es geht für die FDP jetzt vor allem um Seriosität und Solidität. Graf Lambsdorff macht als Vorsitzender der Liberalen im Europäischen Parlament eine exzellente fachliche Arbeit – und ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit ihm und einem Team drum herum ein überzeugendes Angebot für die Wähler bieten.