Wenn die Linkspartei Syriza Hilfen von der EU möchte, wird sie Wahlversprechen nicht umsetzen können. Das sagt Norbert Barthle, der Unions-Haushaltsexperte im Interview zur Wahl in Griechenland.

Herr Barthle, nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza wird der Sparkurs in Europa in Frage gestellt. Was passiert jetzt?
Das wird spannend. Nachdem wir wissen, dass in Griechenland das Linksbündnis Syriza mit Rechtspopulisten eine Regierung bildet, wird es aufschlussreich werden, wie die Koalition mit den Auflagen für das Hilfsprogramm umgeht. Wir haben immer gesagt, dass Hilfskredite an Bedingungen geknüpft sein müssen. Dabei bleibt es. Wenn Herr Tsipras weiter Hilfe aus Europa bekommen möchte, wird er zentrale Wahlversprechen nicht umsetzen können.
Syriza verlangt einen Schuldenschnitt und eine Lockerung der Sparauflagen. Ist das mit Berlin zu machen?
Einen weiteren Schuldenschnitt wird es mit uns nicht geben. Mit einem Schuldennachlass würde das letzte Vertrauen in griechische Staatsanleihen vollends untergraben. Ziel der Rettungsmaßnahmen ist es, dass ein Krisenland in die Lage versetzt wird, selbst wieder Kredite zu erträglichen Konditionen auf den Kapitalmärkten aufzunehmen. In dieser Hinsicht hat Griechenland bis zur Ankündigung von Neuwahlen durchaus Fortschritte gemacht. In der öffentlichen Debatte wird oft übersehen, dass Griechenland für Kredite aus den europäischen Rettungsfonds zurzeit weder Zinsen noch Tilgung bezahlt. Ein Schuldenschnitt würde somit an der Belastung des griechischen Haushalts erst einmal nichts ändern. Die Schulden aus dem ersten Hilfspaket für Griechenland müssen erst von 2020 an zurückbezahlt werden. Die Laufzeiten der Darlehen aus dem zweiten Hilfspaket reichen bis 2057. Athen muss bisher in erster Linie Verbindlichkeiten aus IWF-Programmen bedienen.
Den Wahlkampf hat Syriza mit der Forderung bestritten, das drastische Sparprogramm müsse ein Ende haben. Sind Sie zu einer Abmilderung bereit?
Ich wüsste nicht, wo es noch Spielraum für ein Entgegenkommen gibt. Griechenland muss die Auflagen erfüllen, wenn es die letzte Rate aus dem zweiten Hilfsprogramm erhalten möchte. Die Regierung in Athen hat noch viel zu tun, was die Reform der öffentlichen Verwaltung oder Privatisierungen anbelangt. Wenn die neue Regierung die Auflagen nicht erfüllt, kann die letzte Tranche aus dem Hilfsprogramm nicht ausbezahlt werden.
Bedeutet dies, dass der griechische Staat Ende Februar kein Geld mehr hat?
Ich kann mir vorstellen, dass Griechenland noch einmal einen Aufschub beantragt, um mehr Zeit für Verhandlungen zu erhalten. Selbst wenn die Verhandlungen verlängert werden, stellt sich die Frage, ob Griechenland die Bedingungen der Geldgeber akzeptiert. Wenn das nicht passiert, hat Griechenland wohl bis zum Sommer genügend finanzielle Ressourcen. Spätestens dann wird es eng.