Etliche Paare träumen von einem Kind, aber es klappt nicht mit der Schwangerschaft. Sie setzen auf Reproduktionsmethoden, die in Deutschland verboten sind. Eine umstrittene Messe in Berlin zeigt auch diese Möglichkeiten.
17.02.2017 - 17:00 Uhr
Berlin - Samenspende, Eizellenspende oder Adoption? Die Entscheidung zwischen diesen und anderen Möglichkeiten ist für viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch von existenzieller Bedeutung. Zum ersten Mal finden in Berlin nun Kinderwunschtage statt. Die Familientherapeutin Petra Thorn sieht die Messe und die Kommerzialisierung in diesem Bereich allerdings kritisch.
Frau Thorn, die Kinderwunschtage werben mit dem Satz „Überlassen Sie die wichtigste Entscheidung Ihres Lebens nicht dem Zufall“. Wie klingt das für Sie?
Das sind große Versprechungen. Wir wissen, dass rund 50 Prozent der Paare trotz medizinischer Behandlung kinderlos bleiben. Da gibt es noch viel Potenzial für gute Aufklärung. Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden liegt bei circa 30 Jahren, das Alter der Frauen, die sich in Kinderwunschbehandlung begeben, liegt bei Mitte 30. Es wäre wichtig, parallel zu der Entwicklung medizinischer Möglichkeiten auch gesellschaftspolitische Diskussionen zu führen, wie jüngere Paare ihren Kinderwunsch umsetzen können – und entsprechende Maßnahmen einzuführen. Letztendlich sollten wir anstreben, dass möglichst wenig Paare auf medizinische Behandlung zurückgreifen müssen.
In Berlin wird auch über die Rechtslage ergänzender Therapien informiert. Aber außer der Samenspende und der eingeschränkten Embryonenspende sind in Deutschland gar keine weiteren Maßnahmen erlaubt.
Die Embryonenspende ist im Moment in einem juristischen Graubereich. Wenn überzählige Embryonen aus bestimmten Konstellationen vorhanden sind, kann man sie zur Spende freigeben, ohne dass es strafrechtliche Konsequenzen haben muss. Wir benötigen dafür jedoch noch eine gesetzliche Basis. Aber in der Tat sind die Eizellenspende und die Leihmutterschaft aufgrund des Embryonenschutzgesetzes verboten. Gleichzeitig wissen wir, dass viele Paare wegen der Eizellenspende ins Ausland gehen. Das Verbot in Deutschland ist ein nationales Verbot. Die Paare stimmen jedoch mit den Füßen ab. De facto haben wir in Deutschland Familien mit Kindern aus einer Eizellenspende.
Die Situation der Eizellenspenderin, der Leihmutter – und meist auch die des Kindes – wird dabei oft ausgeblendet.
Das ist hoch problematisch. Es gibt tatsächlich ganz wenig Transparenz. Es wäre dringend erforderlich, dass die Paare viel umfassender darüber informiert sind, was die Behandlung im Ausland mit sich bringt. Viele Paare wissen im Vorfeld nicht, wie das Auskunftsrecht des Kindes in dem Behandlungsland geregelt ist. Viele wissen etwa nicht, dass in Spanien die Spenderinnen anonym sind. Wenn sie in die Beratung kommen, weil sie ihr Kind aufklären wollen, spüren Sie, dass sie in einem Dilemma sind. Sie können das Kind zwar über sein Entstehen aufklären, müssen ihm aber auch sagen, dass die Spenderin anonym ist und sie ihr Auskunftsrecht nicht umsetzen können.
Ist diese Anonymität manchen Eltern nicht auch recht?
Wir haben mittlerweile in Deutschland einen breiten öffentlichen Diskurs über die Bedeutung des Auskunftsrechtes. Viele Paare wissen, dass es wichtig ist, Kinder aufzuklären. Aber ich weiß auch, dass viele Paare in dieser Situation emotional sehr verletzbar sind. Sie haben oft mehrfach erfolglose Behandlungen abgeschlossen, wünschen sich nichts sehnlicher als ein Kind, und sie lesen Versprechungen von ausländischen Kliniken. In dieser Situation werden manchmal bestimmte Fragen einfach ausgeblendet.