Die Ernährungsexpertin Petra Teitscheid stellt fest, dass viele Menschen zu wenig über die Haltbarkeit wissen und gibt Tipps, wie man weniger Lebensmittel wegwirft.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Viele Menschen wissen zu wenig über die Haltbarkeit von Lebensmitteln, sagt die Ernährungsexpertin Petra Teitscheid.

 


Frau Teitscheid, ist die Gratwanderung beim Einkauf zwischen frischen und haltbaren Produkten überhaupt leistbar?

Das hängt natürlich davon ab, wie oft Sie einkaufen gehen und was Sie dann kaufen. Planung ist die Grundlage dafür, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden. Damit haben die Menschen ein großes Problem. Dazu braucht man die entsprechenden Kompetenzen. Man muss kochen und Lebensmittel und ihre Haltbarkeit einschätzen können. Kann man das, muss man weniger wegwerfen. Wir müssen wieder eine neue Wertschätzung für Lebensmittel entwickeln. Aber immer wieder kauft man halt ein, weil man am Wochenende mit Freunden kochen will. Wenn dann aber das Wetter schön ist und man unterwegs ist, bleibt keine Zeit zu kochen.

Sind wir zu sehr Baucheinkäufer?
Ja. Das hat mit Erwartungen zu tun. Oft kaufen wir für die Woche ein, haben dann einen hektischen Arbeitsalltag und kommen nicht zum Kochen.

Wie sollen wir denn dann einkaufen? Überlegter?
Das ist so leicht gesagt. Wir sind ja alle fehlbar. Man kann sich ja auch Dienstleistungen vorstellen, die das Einkaufen unterstützen. Der Gemüsekiste vergleichbar, die man auch nach Hause geliefert bekommt. Die Idee ist: Erleichtere den Menschen ihren Alltag, dann kommt es nicht zu diesen Fehlplanungen. Darin liegt noch mal eine große Chance, die Abfallmengen zu reduzieren. Es wäre falsch, nur dem Verbraucher die Schuld daran zu geben, dass so viele Lebensmittel weggeworfen werden.

Kann man denn mit einem wöchentlichen Einkauf auskommen?
Natürlich. Sie müssen nicht jeden Tag einkaufen gehen. Es kommt darauf an zu planen und die Waren richtig zu lagern. Das gilt hauptsächlich für frische Waren. Alles, was in Dosen oder in Plastik verpackt ist, das hält sich ja in der Regel länger als eine Woche. Die frischen Produkte müssen entsprechend gelagert und dann auch verarbeitet werden. Gemüse muss auch wirklich ins Gemüsefach. Und der Salat muss dann natürlich als Erstes verbraucht werden.

Muss man denn alles nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums gleich wegwerfen?
Nein. Definitiv nicht. Es gibt das Verbrauchsdatum, das vor allem auf rohem Fleisch steht. Daran muss man sich natürlich halten. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist bei den anderen Lebensmitteln nur ein Orientierungswert. Die meisten Produkte kann man nach dem Ablauf essen.

Hilft es, auf seine Sinne zu vertrauen und einfach auch mal am betreffenden Lebensmittel zu riechen, um zu überprüfen, ob es noch gut ist?
Sicherlich. Wenn Lebensmittel nicht mehr gut sind, kann man das in der Regel sehen oder riechen. Die Hersteller setzen die Daten natürlich so, dass die Lebensmittel zu diesem Datum noch gut sind, auch wenn die Lagerung im Haushalt nicht hundertprozentig richtig ist. Dadurch gibt es eine große Pufferzeit. Joghurt können Sie oft noch wochenlang nach dem Ablauf der Mindesthaltbarkeit essen. Auch bei Reis und Nudeln hat das Datum nichts mit der Verderblichkeit zu tun.

Muss man manchmal nicht auch ein bisschen einfallsreicher kochen mit den Vorräten, die da sind? Und vielleicht wieder Reste essen
Sicher. Die Empfehlungen sind da sehr einfach.

Warum ist es dann so schwer, sie umzusetzen?
Unser Alltag hat meist keine feste Struktur mehr. Es ist nicht mehr so, dass sich die ganze Familie am Tisch trifft und gemeinsam isst. Wenn es überhaupt eine Familie gibt. Beruf und Freizeit prägen das Leben. Es bleibt wenig Zeit für Haushaltstätigkeiten.

Welchen Anteil hat der Handel an der Entwicklung?
Durch sein Mantra der Frische und ständigen Verfügbarkeit bleibt zwangsläufig auch mal abends was übrig. Wenn ich erwarte, dass ich kurz vor Ladenschluss noch einen frischen Salatkopf vorfinde, muss ich mich nicht wundern, wenn nach Ladenschluss die restlichen Salatköpfe weggeworfen werden. Wie gesagt, es ist nicht alles nur ein Problem des Endverbrauchers.
Das Gespräch führte Hilke Lorenz.