Der Medienexperte Hans-Peter Siebenhaar hält die neue GEZ-Abgabe für ungerecht. Er plädiert für ein Modell, das auf Freiwilligkeit basiert. Dann müssten die Öffentlich-Rechtlichen wieder mehr Qualität bieten.

Stuttgart – Der Medienexperte Hans-Peter Siebenhaar hält die neue GEZ-Abgabe für ungerecht. Er plädiert für ein Modell, das auf Freiwilligkeit basiert.
Herr Siebenhaar, ARD und ZDF preisen die neue Haushaltsabgabe als transparent, einfach und gerecht. Stimmt das?
Die Haushaltsabgabe ist tatsächlich einfacher und transparenter als die bisherige gerätebezogene Rundfunkgebühr, das stimmt. Aber fairer oder gerechter ist sie keineswegs.

Warum nicht?
Vom 1. Januar an muss jeder Bürger zahlen, auch wenn er die Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio gar nicht nutzt. Da war das vorherige Modell gerechter. Wer nur Radio hörte und kein Fernsehgerät besaß, bezahlte nur eine ermäßigte Gebühr. Ich sehe in der neuen Haushaltsabgabe nichts anderes als eine ARD-und-ZDF-Zwangssteuer.

In Ihrem Buch „Die Nimmersatten“, in dem Sie das öffentlich-rechtliche Fernsehen sehr kritisch unter die Lupe nehmen, plädieren Sie für ein Finanzierungsmodell, das auf Freiwilligkeit basiert.
Ja, denn ich sehe im durch eine Zwangsabgabe finanzierten öffentlich-rechtlichen Bezahlfernsehen kein dauerhaftes Zukunftsmodell. Die Kirchen fahren mit dem Prinzip der Freiwilligkeit sehr gut. Das könnte auch bei ARD und ZDF funktionieren: Wer deren Angebote nutzt, zahlt dafür, wer sie nicht nutzt, zahlt nicht. Durch die Verschlüsselung von Programmen wäre das technisch kein Problem. Voraussetzung für ein Modell der Freiwilligkeit wäre, dass die Öffentlich-Rechtlichen zu ihrer alten Akzeptanz zurückfinden und wieder mehr Qualität bieten.

Für 7,5 Milliarden Euro – so viel kommt jährlich in die Kassen – müsste man doch qualitätsvolle Radio- und TV-Programme zustande bringen.
Das geht auch mit weniger Geld! Indem man beispielsweise die sechs Digitalkanäle, die kaum einer guckt, einstellt oder dass man ARD und ZDF zu einem Hauptprogramm zusammenlegt. Das Hauptproblem ist, dass die rund 7,5 Milliarden Euro gar nicht überwiegend ins Programm, sondern in Verwaltung und Technik fließen und zur Bewältigung der gewaltigen Pensionslasten herhalten müssen.

Ein radikaler Umbau des Systems in Richtung Freiwilligkeit, wie Sie ihn vorschlagen, ist von den Sendern selbst und der Politik wohl kaum zu erwarten.
Das stimmt, weil ARD und ZDF mit der Parteipolitik eine unheilvolle Symbiose eingegangen sind. Die Politiker brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil er ihre letzte verbliebene Bühne zur Selbstdarstellung ist. Und ARD und ZDF wiederum brauchen die Parteipolitiker, weil diese die Rundfunkfinanzierung über die Landtage festlegen und so den Sendern garantieren, dass die Bürger bis zu ihrem Tod zahlen müssen. Daraus ist ein System entstanden, das Qualität, Effizienz und Transparenz vernachlässigt und zu Vetternwirtschaft, Korruption und Untreue führen kann, wie auch die Skandale beim MDR, beim NDR oder beim Kinderkanal gezeigt haben.

Wird der Zuschauer, der an der Abgabe nicht mehr vorbeikommt, das Angebot kritischer wahrnehmen?
Die Haushaltsabgabe ist auf jeden Fall ein tiefer Einschnitt für ARD und ZDF – der Druck auf die Anstalten wird zunehmen. Die Zahl der Bürger, die dem System ARD und ZDF kritisch gegenüberstehen, wächst, das merke ich schon jetzt an den Reaktionen auf mein Buch. Ich sehe aber auch in den Fernsehanstalten selbst Kräfte, die die Finanzierungsänderung ernst nehmen und sich sehr bewusst sind, dass es so nicht weitergehen kann.

Also hat die Haushaltsabgabe doch etwas Positives?
Ich erhoffe mir, dass die vielen Bürger, die nun sauer sind, eine Diskussion anschieben, die dazu führt, dass ARD und ZDF wirtschaftlicher agieren und uns bessere Programme ins Haus liefern.