Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wirft einigen Bundesländern vor, mit ihren Planungen für neue Verkehrsprojekte hinterher zu hinken. Deshalb würden eigentlich zur Verfügung stehende Mittel des Bundes nicht abgerufen.

Berlin - Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat in ungewöhnlich scharfer Form einige Bundesländer an den Pranger gestellt, die seiner Meinung nach aufgrund mangelnder Planungen den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur blockieren. „Das Nadelöhr sind nicht mehr die Finanzen, sondern die Planungen der Länder“, sagte er unserer Zeitung. Nur dort könne gebaut werden, wo baureife Projekte vorlägen. „Fehlende Projekte bremsen Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Wir können uns aber keinen Investitionsstau leisten, nur weil manche Länder ihre Planungskapazitäten heruntergefahren haben und deshalb hinterherhinken“, sagte der Minister. Schon jetzt seinen „die Planungsreserven vieler Länder aufgebracht“.

 

Baden-Württemberg steht nicht in der Kritik

Hintergrund der Kritik sind aktuelle Zahlen über vom Bund erteilte Baufreigaben. Das Ministerium weist darauf hin, dass zu den 24 im September 2016 freigegebenen Projekten für neue Bundesfernstraßen (Gesamtvolumen 2,1 Milliarden Euro) sechs Bundesländer kein eigenes baureifes Vorhaben beitragen konnten: Bremen, Hamburg, Berlin, Brandenburg, Saarland und Schleswig-Holstein. Schon im Juli 2015 hatte Dobrindt 72 Projekte mit einem Volumen von 2,7 Milliarden Euro freigegeben. Auch damals erhielten Berlin, Bremen und Saarland keine Baufreigaben. In Schleswig-Holstein gab es lediglich zwei Lärmschutzprojekte.

Baden-Württemberg braucht sich von den Vorwürfen nicht angesprochen zu fühlen. Von den 24 im vergangenen Monat bewilligten Projekten kommen vier aus dem Südwesten, das Gesamtvolumen der Maßnahmen beträgt 282 Millionen Euro. Mehr Geld ist nur nach Bayern geflossen, wo sieben Vorhaben mit insgesamt 314 Millionen Euro gefördert werden. Die vier baden-württembergischen Projekte sind: der zweite Bauabschnitt der Strecke Backnang/West – Nellmersbach (B 14), zwei weitere Bauabschnitte der Strecke von Konstanz nach Allensbach (B 33), die Ortsumgehung Oberlauchringen (B 34) und der Bauabschnitt Arlingertunnel an der Westtangente Pforzheim (B463).

Dobrindt kritisert mit einem Hintergedanken

Anlass für den Zeitpunkt der Dobrindt-Kritik ist die gerade in Stuttgart tagende Verkehrsministerkonferenz. Die Länderminister pflegen solche Runden gerne zum Anlass für Spitzen gegen den Kollegen im Bund zu nutzen. Deshalb weist Dobrindt sozusagen vorsorglich darauf hin, dass der Bund die Mittel für den Ausbau der Infrastruktur – dazu zählen neben der Straße, auch Schiene und Wasserwege – bis 2018 um rund 40 Prozent „auf Rekordniveau“ aufstocke. 2017 stehen dann insgesamt 13,7 Milliarden Euro zur Verfügung, im darauf folgenden Jahr 14,4 Milliarden.

Neben der Abwehr möglicherweise laut werdender Kritik gibt es allerdings noch einen Nebeneffekt der deutlichen Worte von Bundesverkehrsminister Dobrindt. Mit seinem Hinweis auf die angeblich bereits jetzt aufgebrauchten Planungsreserven der Länder will der Minister sein Eintreten für eines seiner Lieblingsprojekte begründen: er will eine staatliche Bundesautobahngesellschaft schaffen. „Daran“, sagt er, „führt kein Weg vorbei“.

Dobrindt will „die Infrastruktur-Kompetenzen beim Bund zu bündeln“. Das Ziel beschreibt der Minister so: „schneller planen, direkt finanzieren, mehr bauen“. Aber auch der Betrieb, der Erhalt und das Managen der Autobahnen soll zum Spektrum der Aufgaben gehören. Die Gesellschaft soll im Eigentum des Bundes stehen. Das solle eine Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel in ganz Deutschland garantieren – deshalb der Hinweis auf die unterschiedlichen Planungsaktivitäten der Länder. Die Landesverkehrsminister sind freilich bislang wenig begeistert.