Die Erlebnisakademie Bad Kötzting hat die Reißleine gezogen: Der Baumwipfelpfad in Wiesensteig wird nicht weiter geplant. Auch der massive Protest hat dazu beigetragen.

Region: Corinna Meinke (com)

Wiesensteig - Aufsichtsrat und Vorstand der Erlebnisakademie Bad Kötzting haben den geplanten Baumwipfelpfad in Wiesensteig aufgrund der großen Widerstände abgesagt. Das sei das einstimmige Ergebnis einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung, erklärte Bernd Bayerköhler, der Vorstandssprecher der Akademie, in einer Pressemitteilung. Aus unternehmerischer Sicht könne es bei rationaler und emotionsloser Betrachtung der Situation keine andere Entscheidung geben. Sehr enttäuscht reagierten der Göppinger Landrat Edgar Wolff und der Wiesensteiger Bürgermeister Gebhard Tritschler auf diese Entwicklung. Noch am vergangenen Donnerstag hatte Wolff in einer Bürgerversammlung in Wiesensteig für das Projekt geworben.

 

Stimmung nach Bürgerversammlung war positiv

„Wir waren mit dem Verlauf der Bürgerversammlung zufrieden und sahen dem Bürgerentscheid positiv entgegen“, sagten Bürgermeister und Landrat in einer gemeinsamen Erklärung. Rund 300 Bürger hatten sich bei dem Treffen am 11. September von Landrat, Bürgermeister, Investor und Experten über die Pläne informieren lassen. Die Erlebnisakademie aus dem bayerischen Bad Kötzting plante nahe dem Reußenstein einen barrierefreien Baumwipfelpfad in 30 Metern Höhe. Große Strahlkraft für die touristische Entwicklung des gesamten Kreis Göppingen hatten der Landrat und alle Befürworter dem Wipfelpfad vorausgesagt. In einer integrierten Waldinformationseinrichtung hätten zudem umwelterzieherische Aktivitäten Menschen aller Altersstufen ansprechen sollen. Es hätte sich bei dem Baumwipfelpfad um das erste Angebot dieser Art in der Region Stuttgart gehandelt. Das Projekt hätte Teil des Landschaftsparks Albtrauf sein sollen und nach Meinung der Planer gut zum Biosphärengebiet Schwäbische Alb gepasst.

Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein leistete Widerstand

Von Anfang an hatte sich jedoch in Wiesensteig heftiger Widerstand gegen die Pläne der Akademie geregt. Als besonders hartnäckiger Gegner positionierte sich zunächst der örtliche Gewerbe- und Fremdenverkehrsverein. Nachdem eine von Gegnern initiierte Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren Erfolg hatte und der Bürgerentscheid für den 7. Oktober anberaumt worden war, bot der Vorsitzende des Gewerbe- und Fremdenverkehrsvereins aber seine Zusammenarbeit an. Gleichzeitig wuchs bei den Wiesensteigern aber die Sorge über einen Verkehrskollaps an Wochenenden. Als ein Verkehrsgutachten aber ergab, dass vor allem die Nachbargemeinden Neidlingen und Weilheim (Kreis Esslingen) die Verkehrslast zu schultern hätten, kam auch von dort Kritik.

Rückzieher aus Furcht vor einem Baustopp

Die Akademie begründet ihre Absage angesichts der nicht zur Ruhe kommenden Proteste der umliegenden Gemeinden und unabhängig von einem möglicherweise positiven Ausgang des Bürgerentscheids in Wiesensteig auch mit der Sorge um einstweilige Verfügungen und Baustopps. Der Widerstand sei inzwischen aus der ganzen Region zu spüren. Dies sei ein zu hohes unternehmerisches Risiko. Auch ein Gutachterstreit bezüglich der Artenkartierung sei nicht auszuschließen.