Nicht für jeden „Air-Berliner“ ist die Insolvenz ein endloses Drama: Personalchefin Martina Niemann übernimmt zum 1. Februar die gleiche Funktion bei der Lufthansa. Das Kabinenpersonal wartet derweil weiterhin auf seine Kündigung.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es ist eine neue Facette mit „Gschmäckle“ beim Niedergang von Air Berlin: Die Personalchefin der Pleite-Airline, Martina Niemann, wechselt zum 1. Februar in gleicher Funktion zur Lufthansa. Dort wird sie „Head of Human Ressources“, wie ein Sprecher der Kranich-Fluglinie unserer Zeitung bestätigte. Sie übernehme dort die Verantwortung für die Lufthansa-Airline und Zentralfunktionen in der Verwaltung. Nicht berührt von dem Wechsel seien die Aufgaben von Vorstandsmitglied Bettina Volkens, die im Gesamtkonzern die Verantwortung für das Personal hat. Bisher wurde diese Personalie lediglich intern kommuniziert. Niemann war früher schon mal bei der Lufthansa, ist aber von der Deutschen Bahn zur Air Berlin gestoßen.

 

Seltsame Personalwechsel auf Management-Ebene

Der Personalaustausch auf höchster Ebene findet damit eine Fortsetzung: Seit Februar 2017 ist der frühere Germanwings-Chef Thomas Winkelmann Vorstandsvorsitzender von Air Berlin – die zentrale Figur in der Abwicklung des Pleitefliegers, deren Tochter LGW von Lufthansa übernommen wurde. Auch Niemann hat an den aus Beschäftigtensicht chaotischen Umständen des Air-Berlin-Deals entscheidenden Anteil.

Die Gewerkschaft Verdi wirft dem Lufthansa-Management vor, sich in unzulässiger Weise um einen gesetzesgemäßen Betriebsübergang herumzudrücken – „um betriebswirtschaftlich das optimale Ziel zu erreichen“, wie die Tarifkommission argwöhnte. Kurz danach war sie von der Geschäftsführung widerruflich freigestellt worden. Getrogen hat damit die Hoffnung der Tarifkommissionsmitglieder, bis zum voraussichtlichen Ende der Abwicklung Ende April noch agieren zu können.

Verdi: Beschäftigte hängen in der Luft

Nicht voran geht es derweil für die 3200 Flugbegleiter, denn sie haben ihre Kündigung noch immer nicht erhalten. „Das Kabinenpersonal hängt in der Luft“, sagt ein Verdi-Sprecher. Die Betroffenen können erst mit einer unwiderruflichen Freistellung Arbeitslosengeld beantragen. Bisher sind sie lediglich widerruflich freigestellt und haben Anspruch auf ein Übergangsgeld auf Hartz-IV-Niveau. Bei Verdi ist von einer „mentalen Barriere“ die Rede. Viele Betroffene warteten noch immer ab, weil sie auf einen Betriebsübergang setzten oder auf erfolgversprechende Klagen gegen Air Berlin hofften. Man rate ihnen daher, das „Heft des Handelns“ nicht aus der Hand zu geben. Der Markt werde immer enger, und viele Jobs seien vergeben. „Die Zeit rennt davon“, sagt der Verdi-Sprecher. Von Mai an sei Air Berlin nur noch eine „virtuelle Firma“. Dann bliebe für sechs Monate lediglich die Transfergesellschaft als Netz.

Verhandlungen über Sozialplan stocken

Voraussetzung für die Kündigungen ist ein Sozialplan für die Kabine. Die Verhandlungen über den Interessenausgleich zwischen Geschäftsführung und Personalvertretung kommen nicht voran – auch weil der Fortgang im Arbeitnehmerlager verschleppt wird. Hinzu kommen die juristischen Querelen: Das Arbeitsgericht Berlin hat es Ende Dezember abgelehnt, Insolvenzverwalter Frank Kebekus „die Stilllegung des Betriebs zu gestatten, ohne hierüber zuvor mit der Personalvertretung Kabine Verhandlungen in einer Einigungsstelle geführt zu haben“. Air Berlin habe aber bereits mit der Betriebsstilllegung begonnen, indem sämtlichen Piloten schon gekündigt worden sei. Dieses Urteil könnte wiederum zu Schadenersatzklagen gegen den Insolvenzverwalter führen.

Niki wird wieder zum Verkauf angeboten

Das Theater um die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki steuert derweil auf ein Ende zu: Noch bis Freitag wird Niki wieder zum Kauf angeboten. Angebote nehmen die in Deutschland und Österreich beauftragten Insolvenzverwalter entgegen. Der neue Bieterprozess musste eingeschoben werden, nachdem das österreichische Fluggastrechteportal Fairplane vor Gericht erfolgreich Beschwerde gegen das Insolvenzverfahren in Deutschland eingelegt hatte – auch die österreichische Seite muss beteiligt werden. Dies erleichtert Fairplane, Rechte seiner Kunden wegen Flugverspätungen durchzusetzen.

Nun wird erst in der zweiten Februar-Hälfte über den endgültigen und, wie es heißt, dann rechtssicheren Zuschlag beider Insolvenzverwalter für einen Niki-Käufer entschieden. Der britisch-spanische IAG-Konzern, der Niki für 36,5 Millionen Euro mit 740 der 1000 Mitarbeiter übernehmen und seiner Billigtochter Vueling zuschieben wollte, zeigt sich geduldig und ist weiterhin an dem Deal interessiert. Aber auch Niki-Gründer Niki Lauda und Ryanair könnten sich einen Einstieg vorstellen. Der Flugbetrieb wäre damit im März wieder denkbar.