Die Demonstrationen ebben nicht ab. Sicherheitskräfte melden Angriffe auf Polizeiwachen und das Militär. Präsident Ruhani kündigt an, öffentliche Kritik in Maßen zulassen zu wollen.

Teheran - Die Zahl der Todesopfer bei den Protesten gegen die iranische Regierung ist auf zwölf gestiegen. Allein am Sonntagabend habe es zehn Tote gegeben, berichtete das staatliche Fernsehen. Sicherheitskräfte hätten bewaffnete Demonstranten zurückgeschlagen, die versucht hätten, Polizeiwachen und Militärstützpunkte einzunehmen. Hunderte Menschen wurden festgenommen.

 

Der Sender zeigte Aufnahmen von brennenden Gebäuden und von Rettungssanitätern, die versuchten, inmitten einer aufgebrachten Menge einem Verletzten zu helfen. Gezeigt wurde auch ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr, das offenbar angegriffen worden und ausgebrannt war.

Später am Montag berichtete das staatliche Fernsehen, sechs Menschen seien im der Ortschaft Tuyserkan getötet worden, etwa 300 Kilometer südwestlich von Teheran. Drei weitere Todesfälle habe es in der Ortschaft Schahinschahr gegeben, rund 300 Kilometer südlich der Hauptstadt. Über das zehnte Todesopfer wurde nichts bekannt. Am Samstagabend waren zwei Demonstranten bei einer Protestaktion im Westen des Landes ums Leben gekommen.

Proteste haben sich auf mehrere Städte ausgeweitet

Die Demonstrationen begannen am Donnerstag in Maschhad und richten sich gegen jüngst gestiegene Preise für Grundnahrungsmittel wie Geflügel und Eier. Es sind die größten seit der umstrittenen Präsidentenwahl 2009. Mittlerweile haben sich die Proteste auf mehrere Städte ausgeweitet, die Teilnehmer erheben auch politische Forderungen. Seit dem internationalen Atomabkommen 2015 hat sich die Wirtschaft im Iran zwar verbessert, aber die Arbeitslosenzahlen sind weiter hoch, die Inflation ist gestiegen.

Angesichts der Proteste blockierten die iranischen Behörden am Sonntag den Zugang zu Instagram und dem Nachrichtendienst Telegram. Sie begründeten das mit Sicherheitsbedenken. Präsident Hassan Ruhani zeigte etwas Verständnis für die Wut einiger Bürger angesichts der nachlassenden Wirtschaftsleistung des Landes.

Ruhani sagte am Sonntag, die Menschen dürften zwar protestieren, die Öffentlichkeit sollte sich aber wegen der Demonstrationen nicht um ihre Sicherheit sorgen müssen. Die Regierung werde jene strafrechtlich verfolgen, die öffentliches Eigentum zerstörten oder Aufruhr in der Gesellschaft anstachelten. Ruhanis Innenminister äußerte sich ähnlich: Die Regierung werde die Konfrontation mit Menschen suchen, die das Internet missbrauchten und Gewalt verbreiteten.

Israel betrachtet den Iran als Bedrohung

Ein israelischer Minister wünschte den regierungskritischen Demonstranten im Iran viel Erfolg. Geheimdienstminister Israel Katz versicherte in einem Interview vom Montag gleichzeitig, sein Land habe mit den Massenprotesten der vergangenen Tage nichts zu tun. Israel mische sich nicht ein, wünsche dem iranischen Volk aber viel Erfolg im Kampf für Freiheit und Demokratie, sagte Katz.

Israel betrachtet den Iran seit langem als die größte Bedrohung seiner Sicherheit und verweist dabei auf das iranische Atomprogramm, die Unterstützung für regionale Milizen und die Rufe iranischer Spitzenpolitiker nach einer Auslöschung Israels. Der Iran wirft dagegen Israel, den USA und Großbritannien eine Einmischung in innere Angelegenheiten vor. Die Länder planten den Sturz der iranischen Regierung.