Deutsche Festspiele bei der Ironman-WM auf Hawaii: Nach Jan Frodeno bei den Männern gewinnt Anne Haug sensationell bei den Frauen den Titel.

Kailua-Kona - Anne Haug schüttelte kurz den Kopf, versteckte ihr Gesicht in einer schwarz-rot-goldenen Fahne und reckte unter dem tosenden Beifall der Zuschauer das Zielband in den Himmel von Hawaii. „Es ist einfach überwältigend“, sagte sie. Die 36 Jahre alte Profi-Triathletin aus Bayreuth sorgte mit einer grandiosen Vorstellung nach dem Triumph von Jan Frodeno am Samstag (Ortszeit) in Kailua-Kona auch noch für den ersten deutschen Frauen-Sieg bei der Ironman-Weltmeisterschaft. „Das ist fantastisch, ich kann es selbst kaum glauben“, sagte Haug.

 

In ihrem überhaupt erst vierten Rennen über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen bot Haug von Beginn an eine starke und vor allem taktisch exzellente Leistung und spielte am Ende ihre Laufstärke aus. Haug benötigte 8:40:10 Stunden. „Ich habe mich nur auf mich selbst konzentriert“, betonte Haug, der am Sonntag Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gratulierte. „Sie schreibt Sportgeschichte. Herzlichen Glückwunsch! Das war ein Rennen mit unfassbarem Willen und Ausdauer“, twitterte er.

Laufen ist Haugs Paradedisziplin

Mit 8:01 Minuten Rückstand auf die spätere Vizeweltmeisterin Lucy Charles-Barclay war Haug in die zweite Wechselzone gekommen. Eine Top-Ausgangsposition. Denn Laufen ist Haugs Paradedisziplin. Und die eigentliche Topfavoritin war weit weg: Bei Daniela Ryf aus der Schweiz ging praktisch nichts. Die Siegerin der vergangenen vier Jahre schwamm, fuhr und rannte der Spitze diesmal nur hinterher. Eine Magenverstimmung machte ihr zu schaffen. Haug war am Ende über eine halbe Stunde schneller.

In neuen giftgrünen Laufschuhen wirkte sie auch nach sechseinhalb Stunden körperlicher und mentaler Schwerstarbeit im welligen Pazifik, auf dem windigen Radkurs und der heißen Laufstrecke immer noch leichtfüßig. Kilometer um Kilometer verkürzte sie den Rückstand auf Charles-Barclay. Noch vor der Hälfte der 42,2 Kilometer lag die von Rennbeginn an Führende für Haug in Sichtweite. Das setzte noch mal Kräfte frei.

Nach fast auf die Sekunde genau siebeneinhalb Stunden war es soweit: Haug zog an Charles-Barclay vorbei. „Großartiges Rennen“, kommentierte der Hawaii-Rekordsieger Mark Allen.

Haug bekommt rund 109 000 Euro Siegprämie

Erst Mitte August hatte sie die Qualifikation für Hawaii perfekt gemacht. Als Bronze-Medaillengewinnerin des Vorjahres musste sie den Ironman Kopenhagen nur finishen. Haug gewann ihn in deutscher Rekordzeit. Die Siegerprämie ging für die Hawaii-Reise drauf. „Ich kann überleben, aber nichts weglegen“, hatte sie vor der WM in einem Interview gesagt. Der Triumph nun könnte das ändern. Für ihren Titelgewinn bekommt Haug umgerechnet rund 109 000 Euro Siegprämie.

Dass sie nur wenige Wochen Erholungs- und erneute Vorbereitungszeit auf das WM-Rennen hatte, machte Haug auch nichts aus. Dass sie wegen einer Fußverletzung und eines Ermüdungsbruchs monatelang nicht richtig in diesem Jahr trainieren konnte, war ihr auch nicht anzumerken. Dass sie ihren kompletten Rennplan in diesem Jahr über den Haufen werfen und ihre Teilnahme bei der EM in Frankfurt/Main absagen musste – auch egal. Die ehemalige Kurzstrecken-Vizeweltmeisterin (2012) und Hawaii-Dritte bei ihrem Debüt vor einem Jahr machte das Rennen ihrer Karriere und strahlte auch weit nach Mitternacht bei der Finisher-Line-Party noch immer. „Es ist eine große Ehre, hier zu stehen“, sagte sie.