Hinter der streng durchgeplanten Nutzung der islamistischen Gotteskrieger der sozialen Netzwerke steckt die Erkenntnis, dass „der Krieg im 21. Jahrhundert nicht länger ausschließlich auf dem Schlachtfeld entschieden wird, sondern auch über die Medien ausgefochten wird“, wie es Islam-Experte Günther formuliert. Kommunikative Bemühungen seien für den IS mittlerweile ebenso wichtig wie militärische Strategien.

 

Um ihre Botschaft optimal an den Mann zu bringen, konzentrieren sich terroristische Vereinigungen wie der Islamische Staat auf soziale Medien – Twitter, YouTube, Facebook, Tumblr oder Instagram sind nur einige Beispiele. Über die sozialen Netzwerke treten die IS-Terroristen mit passgenauen Strategien an ihre Zielgruppe heran, wie ein Sprecher des Bundesamts für Verfassungsschutz auf Nachfrage mitteilte.

Wer sich durch Twitter & Co. wühlt, stößt bei der Suche nach entsprechenden Schlagworten – etwa „Khilafah“, dem arabischen Wort für Kalifat, oder „Dawla Islamiya“, der Islamische Staat – schnell auf Nutzer, die ziemlich einfach als Anhänger der IS-Ideologie zu erkennen sind. Viele User bemühen sich nicht, ihre ideologischen Vorstellungen zu verschleiern. Sie verwenden etwa die in Deutschland verbotene schwarze IS-Flagge mit weißer Schrift als Profilbild. Auch weniger bekannte Banner, die ebenfalls der generellen Dschihad-Bewegung zuzuordnen sind, finden sich häufig.

Schon die Usernamen liefern entscheidende Hinweise – etwa die diversen „Abu Bakr al-Baghdadi“s auf Twitter. Abu Bakr al-Baghdadi ist der Anführer der IS-Bewegung und selbst ernannter Kalif des Kalifats, das die Organisation Ende Juni dieses Jahres ausgerufen hat. IS-Sympathisanten posten auf Facebook Fotos von vermummten Kämpfern, die siegessicher Maschinengewehre in die Höhe recken. Bei Instagram und Tumblr sieht die Sache nicht anders aus –die Schlagwortsuche spuckt unzählige Profile und Inhalte auf, die mit IS in Verbindung stehen.

Virtuelle Einschüchterungstaktik

Emerson Brooking vom Council on Foreign Relations zufolge verfolgt die professionelle IS-Propaganda-Maschinerie zwei Funktionen: eine größere Einheit innerhalb einer global agierenden Bewegung herzustellen und westliche Sympathisanten anzulocken. Nicht zuletzt aber, so Brooking weiter, nutzten die IS-Terroristen Onlinenetzwerke, um gezielte Informationen – häufig nicht mehr als Gerüchte – zu streuen sowie Angst und Schrecken zu verbreiten. Wer den Gegner mit einer solchen Einschüchterungstaktik in die Ecke drängen kann, hat auf dem Schlachtfeld weniger zu tun. Die sozialen Netzwerke verstärken und verbreiten die Grausamkeiten der Gotteskrieger millionenfach und bieten den idealen Schauplatz für deren PR-Kampagne.

Der IS macht seine PR jetzt selbst

Im ewig beschworenen Wandel des Gesichts des Krieges – weg von klassischen, zwischenstaatlichen Kriegen hin zu ewig schwelenden innerstaatlichen Konflikten niedriger Intensität, die einer komplizierteren Logik folgen – ist das Ende der Fahnenstange noch nicht in Sicht. Was absehbar ist: es wird brutaler. Noch brutaler.

Nachrichten, Bilder, und Videos verbreiten sich im Internetzeitalter rasend schnell über Länder, Kulturen und Sprachen hinweg; die Inszenierung von Foleys Tod entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zum viralen Video. Es erreichte die US-Regierung, die nach den Worten, die Foley in den Mund gelegt wurden, der „wahre Mörder“ des Journalisten sei. Es erreichte die Anhänger der radikalen Terroristen. Es erreichte die zivile Bevölkerung in Syrien und dem Irak, jenen Ländern, in denen der IS sich in den letzten Jahren, vor allem aber Monaten eine essenzielle Rolle erkämpft hat. Es sorgte dafür, dass der Terror des Nahen Ostens in den Wohnzimmern des Westens ankam. Wenn es um die Verbreitung der dschihadistischen Botschaft geht, sind soziale Netzwerke ein zentrales Vehikel.

Verwackelte Al-Kaida-Videos sind Vergangenheit

Das haben terroristische Vereinigungen wie der IS längst erkannt und sich angepasst an die veränderte Wirklichkeit. Vorbei sind die Zeiten, in denen Al-Kaida amateurhaft geschnittene, in mieser Qualität aufgenommene Videos und Audiobotschaften an ausgewählte Pressevertreter geschickt hat. Die Journalisten konnten frei entscheiden, wie sie mit diesem Material umgehen; sie haben die Inhalte oft gekürzt und in Kontext gesetzt – zum Missfallen der Islamisten.

„Das war nicht im Sinn der Gruppierungen“, sagt Christoph Günther, Islamwissenschaftler an der Universität Leipzig. Weil die westlichen Medien die Botschaften der Islamisten nicht wie von denen gewünscht eins zu eins wiedergaben, hätten die Terrorgruppierungen kurz nach der Jahrtausendwende damit begonnen, eigene Medienabteilungen zu etablieren, erklärt Günther. Damit liegt alles in einer Hand: Produktion und Ausstrahlung der Botschaften.

Zur Medientaktik von IS gehört folglich, dass die Gruppierung Bildmaterial fast ausschließlich selbst verbreitet. In einigen wenigen Fällen gewährte der Islamische Staat Medienvertretern als eingebettete Journalisten rare, tiefere Einblicke – darunter ein Reporter von Vice und ein anonymer Journalist der New York Times. Hieraus ergibt sich der für den IS äußerst günstige Umstand, dass seine tatsächliche Größe und Kampfkraft nur grob geschätzt werden kann. Es ist nicht auszuschließen und vielleicht sogar sehr wahrscheinlich, dass sich der Islamische Staat selbst künstlich aufbauscht – und sich damit unter Umständen größer macht, als er eigentlich ist.

Wie der IS soziale Medien nutzt

Hinter der streng durchgeplanten Nutzung der islamistischen Gotteskrieger der sozialen Netzwerke steckt die Erkenntnis, dass „der Krieg im 21. Jahrhundert nicht länger ausschließlich auf dem Schlachtfeld entschieden wird, sondern auch über die Medien ausgefochten wird“, wie es Islam-Experte Günther formuliert. Kommunikative Bemühungen seien für den IS mittlerweile ebenso wichtig wie militärische Strategien.

Um ihre Botschaft optimal an den Mann zu bringen, konzentrieren sich terroristische Vereinigungen wie der Islamische Staat auf soziale Medien – Twitter, YouTube, Facebook, Tumblr oder Instagram sind nur einige Beispiele. Über die sozialen Netzwerke treten die IS-Terroristen mit passgenauen Strategien an ihre Zielgruppe heran, wie ein Sprecher des Bundesamts für Verfassungsschutz auf Nachfrage mitteilte.

Wer sich durch Twitter & Co. wühlt, stößt bei der Suche nach entsprechenden Schlagworten – etwa „Khilafah“, dem arabischen Wort für Kalifat, oder „Dawla Islamiya“, der Islamische Staat – schnell auf Nutzer, die ziemlich einfach als Anhänger der IS-Ideologie zu erkennen sind. Viele User bemühen sich nicht, ihre ideologischen Vorstellungen zu verschleiern. Sie verwenden etwa die in Deutschland verbotene schwarze IS-Flagge mit weißer Schrift als Profilbild. Auch weniger bekannte Banner, die ebenfalls der generellen Dschihad-Bewegung zuzuordnen sind, finden sich häufig.

Schon die Usernamen liefern entscheidende Hinweise – etwa die diversen „Abu Bakr al-Baghdadi“s auf Twitter. Abu Bakr al-Baghdadi ist der Anführer der IS-Bewegung und selbst ernannter Kalif des Kalifats, das die Organisation Ende Juni dieses Jahres ausgerufen hat. IS-Sympathisanten posten auf Facebook Fotos von vermummten Kämpfern, die siegessicher Maschinengewehre in die Höhe recken. Bei Instagram und Tumblr sieht die Sache nicht anders aus –die Schlagwortsuche spuckt unzählige Profile und Inhalte auf, die mit IS in Verbindung stehen.

Virtuelle Einschüchterungstaktik

Emerson Brooking vom Council on Foreign Relations zufolge verfolgt die professionelle IS-Propaganda-Maschinerie zwei Funktionen: eine größere Einheit innerhalb einer global agierenden Bewegung herzustellen und westliche Sympathisanten anzulocken. Nicht zuletzt aber, so Brooking weiter, nutzten die IS-Terroristen Onlinenetzwerke, um gezielte Informationen – häufig nicht mehr als Gerüchte – zu streuen sowie Angst und Schrecken zu verbreiten. Wer den Gegner mit einer solchen Einschüchterungstaktik in die Ecke drängen kann, hat auf dem Schlachtfeld weniger zu tun. Die sozialen Netzwerke verstärken und verbreiten die Grausamkeiten der Gotteskrieger millionenfach und bieten den idealen Schauplatz für deren PR-Kampagne.

Für den IS sind soziale Medien auch ein wichtiger Weg, um neue Kämpfer zu finden. Konkrete Statistiken, wie viele IS-Anhänger über solche digitale Kanäle angelockt wurden, sind selbstredend nicht existent. Das Bundesamt für Verfassungsschutz weist Social Media bei der Rekrutierung durch den IS jedoch eine wichtige Rolle zu.

Auch Frauen – oder eher: Mädchen – sollen über soziale Netzwerke angelockt werden, wie unter anderem der publik gewordene Fall zweier österreichischer Freundinnen zeigt. Samra K. (17 Jahre alt) und Sabina S. (15 Jahre alt) aus Wien reisten im April 2014 offenbar nach Syrien und wurden dort Gerüchten zufolge mit Dschihadisten verheiratet. Ende Oktober wurden drei Mädchen aus den USA am Frankfurter Flughafen aufgehalten und zurück in ihre Heimat geschickt, die sich offenbar ebenfalls dem Dschihad in Syrien anschließen wollten. Oft posteten die Mädchen auf sozialen Netzwerken entsprechende Beiträge, so auch Sabina und Samra. Es gab jedoch Vermutungen, dass die Accounts der beiden Mädchen nach ihrer Ausreise von Islamisten gekapert worden sind.

Nicht zuletzt bieten die sozialen Medien eine Plattform, auf der Anhänger und Gegner des IS in Kontakt kommen. Besonders zivilisiert geht es dabei allerdings nicht zu, wie ein virtueller Schlagabtausch zwischen IS-Sympathisanten und US-Amerikanern auf Twitter zeigte. Unter den Hashtags #AMessageFromISIStoUS und #AMessageFromUStoISIS fallen nach wie vor gegenseitige Beleidigungen.

Warum es so schwer ist, gegen die radikalen Islamisten vorzugehen

Etwa 450 Menschen sind nach Informationen des Bundesamts für Verfassungsschutz seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im März 2011 aus Deutschland in den Irak und Syrien gereist. Wer schlicht eine private Reise unternommen hat und wer zum Selbstmordattentäter wurde, bleibt unklar. Fakt ist: Es handelt sich um überwiegend junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren, oft mit Migrationshintergrund, aber auch viele Konvertiten, die sich zum Teil sehr rasch radikalisieren.

Es bleibt die Frage, wie man der terroristischen Propaganda in sozialen Netzwerken Einhalt gebieten kann.

Für die Betreiber sozialer Medien ist es häufig äußerst schwierig, den Überblick über die vielen Nutzer, Fotos und anderen Inhalte zu behalten, die wie Unkraut aus dem Boden sprießen. Den Social Media-Kanälen ist das Problem bewusst, Bemühungen, die Aktivität von IS-Sympathisanten zu beschneiden, gibt es. Facebook etwa beschäftigt extra ein spezielles Team, das radikal-islamische Inhalte aufspürt und löscht. Gleichzeitig laufen Algorithmen im Hintergrund, spezielle Programme, die entsprechende verbotene Inhalte finden sollen.

Auch der Verfassungsschutz weist die entsprechenden Provider darauf hin, wenn verbotene IS-Symbolik auf einer Seite entdeckt wird. Twitter, lange die bevorzugte Plattform der IS-Kämpfer, löscht ebenfalls Konten von Nutzern, die mit dem IS sympathisieren – Twitter-CEO Dick Costolo musste daraufhin feststellen, dass mit den Islamisten nicht zu spaßen ist, als IS-Anhänger zum Mord an Twitter-Mitarbeitern aufriefen.

Mit dem simplen Löschen von Usern und Inhalten ist das Problem jedoch nur aufgeschoben. Solange das IS-Bündnis Erfolge verbuchen kann, werden seine Anhänger Wege finden, diese zu kommunizieren. Wird ein Nutzer gelöscht, meldet er sich eben unter anderem Namen erneut an – oder weicht gleich auf alternative Netzwerke aus. Die offene Plattform Diaspora ist aktuell eine solche Alternative. Diaspora ist so gut wie nicht kontrollierbar, denn es ist benutzergeführt und basiert allein auf von Nutzern eingestellten Inhalten. In einem Statement gaben die Blogbetreiber im August zu, wie schwierig es sei, in einem dezentral organisierten Netzwerk wie Diaspora effektiv gegen die IS-Anhänger vorzugehen.

Inhaltliche Auseinandersetzung vernachlässigt

Um den IS tatsächlich wirkungsvoll zu bekämpfen – im Internet ebenso wie vor Ort in den besetzten Gebieten – reicht eine sture Unterdrückung seiner Auswüchse wohl nicht aus. Christoph Günther jedenfalls hält die reine Bekämpfung des IS mit militärischen Mitteln für die falsche Taktik, um die Bedeutung der Radikalislamisten einzudämmen. „In der westlichen Staatengemeinschaft und innerhalb der Regierungen der arabischen Welt gibt es zu wenige Rezepte dafür, wie man den IS dort bekämpft, wo er angreifbar ist – bei seiner Ideologie.“

Günther plädiert dafür, sich auf inhaltlicher Ebene mit den Radikalen zu befassen, da ihnen mit Militärschlägen nicht beizukommen sei. „Warum sind so viele junge Menschen bereit, für den Dschihad zu sterben?“, fragt Günther und gibt die Antwort selbst: „Diese Menschen wurden von der westlich dominierten Globalisierung ins Abseits gedrängt.“ Der Dschihad sei eben der Weg dieser Personen, selbst Einfluss zu nehmen auf globale Strukturen und Prozesse, die sie als ungerecht empfinden.

In einem jedoch sind sich Experten einig: Der IS ist vermutlich kein kurzzeitiges Phänomen. So, wie sich der IS mit seiner PR-Strategie an die Realität der Digital Natives angepasst hat, müssen nun auch diejenigen, die seine Bedeutung mindern wollen, neue Wege beschreiten.