Viele Isländer sind davon überzeugt, dass die Gestalten aus den Legenden noch heute über ihr Eiland streifen, meist aber im Verborgenen. Im zweitgrößten Inselstaat Europas im äußersten Nordwesten ist aber nicht nur ein einziger Weihnachtsmann unterwegs – hier sind es ganze 13 – die Jólasveinar, Weihnachtstrolle.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Island im Winter: Dann herrscht natürlich nicht immer eitel Sonnenschein, denn im Dezember beginnt nach dreieinhalb Stunden schon wieder die Dämmerung. Hier kommt weder das Christkind noch der Weihnachtsmann. Stattdessen sind es die sogenannten Jólasveinar, die Weihnachtsgesellen oder Weihnachtskerle, die häufig als Trolle dargestellt werden.

 

13 Trolle als Gabenbringer

13 an der Zahl besuchen ab dem 12. Dezember einer nach dem anderen die Häuser der Isländer – und lassen natürlich Geschenke da.

Ursprünglich brachten die Weihnachtsgesellen keine Geschenke, sondern stahlen Essen und spielten Streiche, die in Weihnachtsliedern und Gedichten erwähnt werden. Stekkjarstaur, der Schafschreck, macht den Anfang. Tag für Tag macht sich dann ein anderer Bruder auf den Weg: Es gibt den Schluchtenkobold und den kleinwüchsigen Knirps.

Auf Essen abgesehen haben es Kochlöffelschlecker, Topfschaber und Essnapflecker. Für mächtigen Radau sorgt der Türzuschläger – da sage noch einer, es sei nur der Wind, wenn eine Tür ins Schloss knallt. Am 24. kommt dann Kertasníkir, der Kerzenschnorrer – und endlich ist Weihnachten.

Kartoffel statt Geschenke für unartige Kinder

Trolle kommen nur wenn es dunkel ist nach draußen, sonst werden sie zu Stein. Das ist im Dezember in Island aber nicht so ein Problem, schließlich scheint die Sonne dann sowieso nur so vier Stunden am Tag.

Die Kinder hier legen an jedem der 13 Abende ihre Schuhe auf den Fenstersims, und hoffen, dass ihnen der Weihnachtsmann, der an diesem Tag in die Stadt darf, etwas mitbringt. War man nicht wirklich artig, kann es sein, dass man in seinem Schuh nur eine alte Kartoffel findet.

Am 24. Dezember ist aðfangadagskvöld

Die Mutter der 13 Weihnachtstrolle ist die jahrhundertealte Trollfrau Grýla. Und die lässt ihre 13 Söhne so gut wie nie aus ihrer Trollenhöhle. Außer im Dezember, wenn es draußen so richtig kalt wird und der Schnee fällt, dürfen Grýlas Söhne vom Hochland hinunter in die Stadt wandern.

Jeden Tag kommt einer hinzu, bis am 24. Dezember aðfangadagskvöld („Anfangstagsabend“, Heiliger Abend) ist und alle zusammen sind. Danach geht täglich wieder einer zurück, bis an þrettándinn (dem 13. Weihnachtstag am Gedenktag der Heiligen Drei Könige - 6. Januar) alle wieder verschwunden sind.