Stuttgart ist eine Stadt, die von Einwanderern geprägt ist. Dies sollte im Stadtbild sichtbar sein, meint die StZ-Redakteurin Nicole Höfle.

Stuttgart - Stuttgart bekommt sein erstes Minarett – in einem Gewerbegebiet am Rande von Wangen unweit der B 10. Es wird kein riesiges und auch kein übermäßig kunstvolles Bauwerk werden, aber immerhin der erste muslimische Gebetsturm in Stuttgart. Die Islamische Gemeinschaft hat sich dazu entschlossen, ihre Moschee sichtbarer zu machen. Das ist ein legitimer Wunsch der überwiegend bosnisch geprägten Gemeinde.

 

Bemerkenswert ist, mit wie viel Feingefühl die Verantwortlichen vorgehen. Sie bauen das Minarett weniger hoch, als sie dürften, sie verzichten auf den traditionellen Umlauf für den Muezzin, um keine Ängste zu wecken, sie sparen sich jegliche farbigen Verzierungen, um nicht zu sehr aufzufallen, und sie geben bereitwillig Auskunft, um für Transparenz zu sorgen. Um es kurz zu machen: die bosnische Moscheegemeinde will die Nachbarschaft nicht gegen sich aufbringen, sie will nicht befremden. Sie will sich ihrem Umfeld anpassen – um mit Zustimmung von diesem ihre eigene religiöse Identität leben zu können.

Dieses Vorgehen sollte man honorieren, in der unmittelbaren Nachbarschaft, im Stadtbezirk und im Stuttgarter Rathaus. Es bleibt also zu hoffen, dass es in Wangen und auch anderswo keine Proteste gegen den Neubau geben wird. Und mehr noch, es ist zu hoffen, dass möglichst viele Menschen die Einladung der liberalen Gemeinde nutzen und zu den Einweihungsfeierlichkeiten im Mai kommen werden. Schließlich profitiert die viel beschworene Einwanderungsstadt Stuttgart von dem Engagement der bosnischen Gemeinde. In einer Stadt, in der 65 000 Muslime leben, muss der Islam auch sichtbar sein.