Baden-Württemberg will den islamischen Religionsunterricht einführen. Doch eine Professorenstelle zur Lehrerausbildung kann nicht besetzt werden. Wird im Hintergrund Druck ausgeübt?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Die baden-württembergische Landesregierung will im neuen Schuljahr den islamischen Religionsunterricht dauerhaft einführen. Doch die Ausbildung von Lehrkräften gestaltet sich schwierig. An der Pädagogischen Hochschule (PH) Freiburg soll landesweit die erste ordentliche Professur für dieses Fach geschaffen werden. Die Stelle kann aber seit Jahren nicht besetzt werden. Bisher hat sich angeblich kein geeigneter Kandidat gefunden. Ein liberaler Islamwissenschaftler, der dort seit Jahren lehrt, stieß auf den Widerstand konservativer Muslimverbände.

 

Der einzige Kandidat fiel durch

Islamische Religionslehrer für Grund-, Haupt- und Werkrealschulen werden an vier Pädagogischen Hochschulen ausgebildet. „Das notwendige Lehrpersonal steht also zur Verfügung“, erklärt das Wissenschaftsministerium. Die Ausbildung sei „auch nicht durch das sich länger hinziehende Berufungsverfahren an der PH Freiburg tangiert“. In Ludwigsburg sind zwei Juniorprofessoren mit dem Fach betreut, in Karlsruhe einer, in Weingarten gibt es nur einen Akademischen Mitarbeiter – so wie bisher auch in Freiburg.

Dort sollte die erste Professur für Islamische Theologie und Religionspädagogik eingerichtet werden. Die Stelle ist seit Sommer 2016 ausgeschrieben. In einer ersten Bewerbungsrunde gab es nur einen Kandidaten, der für fähig gehalten wurde – aber wegen seiner kritischen Haltung zum konservativen Islam auf Ablehnung stieß. Auch eine zweite Ausschreibung 2018 verlief bisher ergebnislos.

Es gebe „nur sehr wenige qualifizierte Personen“, die für diese Stelle in Frage kämen, sagt Ulrich Druwe, Rektor der PH Freiburg. Er sucht „eine Persönlichkeit, die für den interreligiösen Dialog offen ist und eindeutig auf dem Boden des Grundgesetzes steht“. Frühzeitig hatte Druwe sich gegen Einflüsse von konservativer Seite verwahrt. „Wer auch immer hierher kommt, muss eine liberale Position vertreten“, sagte er 2017 gegenüber der StZ.

Ein Verdacht steht im Raum

Darauf pocht auch Ali Ertan Toprak von der Initiative Säkulare Muslime. Staatliche Institutionen seien „immer wieder eingeknickt vor konservativen Verbänden“ und hätten sich „erpressen lassen“. Bei vielen Hochschulen herrsche regelrecht „Angst, dass die Islamverbände nicht mitmachen, wenn sie einen liberalen Theologen berufen“.

Die FDP-Landtagsfraktion fordert eine Aufklärung der Hintergründe. „Keinesfalls darf der Verdacht im Raum stehen bleiben, dass eine Person nur deshalb nicht zum Professor berufen wird, weil sie sich zu den Werten unserer Gesellschaft und unserer Demokratie bekennt“, so Fraktionsvize Nico Weinmann. Es sei „unverständlich“, warum die Landesregierung neben den Verbänden nicht auch unabhängige Muslime in ihren Beirat für den islamischen Religionsunterricht berufe.