Die Terrormiliz Islamischer Staat hat einen Tempel in der antiken syrischen Oasenstadt Palmyra in die Luft gesprengt. Der rund 2000 Jahre alte Baal-Shamin-Tempel gehörte zum Unesco-Weltkulturerbe.

Damaskus - Die Katastrophe ist eingetreten – die Zerstörung von Palmyra hat begonnen. „Mit einer großen Menge Sprengstoff“ haben die Dschihadisten laut Augenzeugen den Baal-Shamin-Tempel auf dem Gelände der antiken Oasenstadt in die Luft gejagt. Der massive Kern des Bauwerks sowie seine markante Säulenfassade seien stark zerstört worden, erklärten der syrische Antikendirektor Maamoun Abdulkarim und die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die über sehr gute Kontakte zu Aktivisten in dem Bürgerkriegsland verfügt.

 

„Wir erleben jetzt, wie Palmyra vor unseren Augen demoliert wird. Allah möge uns beistehen in den kommenden Tagen“, sagte Abdulkarim gegenüber Reuters. In der ersten Phase nach der Eroberung von Palmyra seien die Dschihadisten damit beschäftigt gewesen, die Menschen zu terrorisieren. Jetzt hätten sie die Zeit, auch die Tempel zu zerstören. Das antike Monument aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., das in seinem Inneren wertvolle Reliefs enthielt, war das archäologisch bedeutendste Bauwerk der antiken Oasenmetropole, die seit 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Hier wurden die drei Hauptgötter Palmyras, Baal, Aglibol und Iarhibol, verehrt. Bereits seit der Frühzeit des Islam im 8. Jahrhundert nutzten Muslime den Tempel dann als Moschee, wie arabische Inschriften in einer der Kultnischen belegten.

Spur der Verwüstung

Vor Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges 2011 besichtigten rund 150 000 Touristen pro Jahr das berühmte Palmyra-Ensemble mit seinen mehr als tausend Säulen und opulenten unterirdischen Nekropolen. Die Unesco-Chefin Irina Bokova geißelte das Treiben des Islamischen Staates als die „brutalste und systematischste Zerstörung von kulturellem Menschheitserbe seit dem Zweiten Weltkrieg“. Das einzige Gegenmittel, das die internationale Gemeinschaft derzeit habe, sei die Vermarktung von geplünderten Antiquitäten zu verhindern und so deren lukrative Gewinne für die Dschihadisten zu stoppen.

Seit der Eroberung von Mossul im Juni 2014 ziehen die blutrünstigen IS-Fanatiker eine Spur der Verwüstung durch die jahrtausendealten Kulturlandschaften von Irak und Syrien. Die assyrischen Königstädte Niniveh, Hatra und Nimrud nahe der Großstadt Mossul wurden dem Erdboden gleichgemacht, das Museum von Mossul total verwüstet. Erst letzte Woche demolierten IS-Kommandos in Zentralsyrien das Pilgerkloster St. Elian, das auf halbem Weg zwischen Palmyra und Damaskus liegt.

Ankündigung weiterer Gewalttaten

Der jetzt zerstörte Baal-Shamin-Tempel steht etwa dreihundert Meter entfernt von dem gut erhaltenen römischen Theater, welches 1952 freigelegt und offenbar bisher nicht angetastet wurde. Im vergangenen Monat missbrauchten die Extremisten die Kulisse, um 25 syrische Soldaten hinzurichten. Auch zwei deutsch sprechende Dschihadisten, der eine aus Wien, der andere aus Berlin und später Solingen, ermordeten inmitten der antiken Säulenreihen zwei gefesselte syrische Geiseln mit einer Gewehrsalve und drohten dabei in einem Fünf-Minuten-Video weitere Gewalttaten in Deutschland und Österreich an. Erst letzte Woche hatten die IS-Gewalttäter den früheren syrischen Antikenchef von Palmyra, Khaled al-Assaad, enthauptet und seine Leiche an einen Ampelmast zur Schau gestellt. Wie die Familie des Opfers erfuhr, zerstückelten die Dschihadisten einige Tage später auch die sterblichen Überreste des 82-Jährigen.