Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten wird auch diskutiert, wie sich junge Männer radikalisieren. Internationale Erfahrungen zeigen, dass es auch hinter Gittern passiert. Berlin will das verhindern.

Berlin - In Berliner Gefängnissen sitzen derzeit 34 Islamisten. Die Justiz stelle sich auf einen Anstieg ein, sagte Senator Dirk Behrendt (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. „Es wird mehr.“ Mutmaßliche oder bereits verurteilte Unterstützer von Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat (IS) sowie Einzeltäter sitzen in U- oder Strafhaft. 19 Inhaftierte werden demnach der radikalen und gewaltbereiten islamistischen Szene zugerechnet, 15 gelten als Sympathisanten.

 

Bei Gefangenen, bei denen eine islamistische Gesinnung vermutet wird, gelten laut Behrendt besondere Sicherheitsmaßnahmen hinter Gittern. Sie könnten von einer kompletten Kontaktsperre bis zu separatem Hofgang und streng getrennter Unterbringung reichen. Bei Tätergruppen dürften die einzelnen Mitglieder keine Gelegenheit haben, sich abzusprechen.

Es gebe derzeit keine Erkenntnisse, dass in den Haftanstalten der Hauptstadt Islamisten rekrutiert werden, so der Grünen-Politiker. „Wir müssen aber aufmerksam sein. Ich will, dass nichts passiert“, so Behrendt. Es deute zudem nichts darauf hin, dass terrorverdächtige Häftlinge Gesinnungsgenossen suchten.

In Gefängnissen gibt es regelmäßig Gebete auf deutsch

Berlin habe bereits eine religiöse Betreuung für muslimische Gefangene etabliert, betonte Behrendt. Damit solle einer Selbstradikalisierung vorgebeugt werden. Elf Geistliche - darunter Imame - kommen demnach regelmäßig in mehrere Gefängnisse zu verschiedenen Gruppen wie Sunniten, Schiiten oder Aleviten. Es gibt auch regelmäßige Gebete auf deutsch. Genaue Zahlen, wie die Angebote genutzt werden, lagen nicht vor. Noch in diesem Jahr solle es auch religiöse Einzelbetreuung von Gefangenen geben.

„Damit nicht nur Mitgefangene als Gesprächspartner da sind und der Ältere dem Jüngeren sagt: das ist die wahre Lehre“, so Behrendt. Inhaftierte sollten nicht angewiesen sein auf selbst ernannte Prediger. Gerade junge Menschen hätten oft viele Fragen zur Religion, die keiner richtig beantworten könne.

Das sei das Einfallstor für einen sehr fundamentalistischen Islam, der in Extremismus münden könnte, so Behrendt. „Damit das nicht im Gefängnis passiert, haben wir die religiöse Betreuung.“ Zugleich betonte der Grünen-Politiker: „Niemand hat aber etwas dagegen, dass Menschen die Religion finden, die ihnen im Gefängnis Halt gibt.“

Vor allem Mitarbeiter im Justizvollzug mit unmittelbarem Kontakt zu Gefangenen bekämen am schnellsten mit, wenn Gefangene Verhalten, Kleidung oder Essgewohnheiten änderten. In Schulungen werden laut Behrendt Justizbedienstete dafür sensibilisiert, solche möglichen Anzeichen für eine Radikalisierung zu erkennen. Es gebe inzwischen auch arabisch und türkisch sprechende Mitarbeiter im Justizvollzug.