Widersprüchliche Meldungen aus Israel: Erst verkündet Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Umsiedlung afrikanischer Migranten nach Deutschland. Dann rudert er zurück.

Genf - Kurz nach der Verkündung einer Vereinbarung zur Umsiedlung afrikanischer Einwanderer aus Israel in Länder wie Deutschland hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die Übereinkunft ausgesetzt. Er wolle die Bedingungen der Vereinbarung mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR „überdenken“, teilte Netanjahu am Montagabend auf seiner Facebook-Seite mit. Dabei wolle er die Kritik an der Übereinkunft berücksichtigen.

 

Wenige Stunden zuvor hatte Netanjahu in einer Fernsehansprache erklärt, Israel habe sich mit dem UNHCR darauf geeinigt, rund 16 000 in Israel lebende Afrikaner in westliche Staaten umzusiedeln. Weitere rund 16 000 Migranten dürften im Gegenzug in Israel bleiben und bekämen einen „offiziellen Status“. Das Prinzip sei: Ein Flüchtling werde umgesiedelt für einen, der bleiben dürfe.

Als mögliche Aufnahmeländer hatte Netanjahu Staaten wie Deutschland, Kanada und Italien genannt. Daraufhin stellte das Hilfswerk aber am Abend klar, dass es mit diesen Ländern noch keine diesbezüglichen Absprachen gebe. Deutschland sei an dem Abkommen nicht beteiligt. Wie die Deutsche Presse-Agentur weiter aus Kreisen des UNHCR erfuhr, bemühe sich das Flüchtlingshilfswerk nun erst um Aufnahmeplätze im Ausland.

Etwa 42 000 afrikanische Einwanderer in Israel

Die israelische Ankündigung hatte in Berlin für Irritationen gesorgt. Das Bundesinnenministerium teilte mit, ihm sei keine konkrete Anfrage bekannt, in Israel lebende Flüchtlinge im Rahmen des UNHCR-Umsiedelungsprogramms aufzunehmen. Deutschland sei seinen humanitären Verpflichtungen, auch durch die Aufnahme solcher Flüchtlinge aber „immer umfassend nachgekommen und wird das auch in Zukunft tun“. Ein Sprecher der Deutschen Botschaft in Israel berichtete, dass etwa 2014 bis 2018 gut 9600 Flüchtlinge im Rahmen von UNHCR-Programmen in Deutschland aufgenommen wurden. Auch das italienische Außenministerium erklärte in Rom, es gebe „keine Vereinbarung“ zur Aufnahme afrikanischer Flüchtlinge aus Israel.

Nach Angaben des israelischen Innenministeriums leben derzeit rund 42 000 afrikanische Einwanderer in Israel. Anfang Januar hatte die Regierung einen Plan verabschiedet, wonach tausende illegal nach Israel eingereiste Afrikaner bis Ende März das Land verlassen sollten. Wer sich weigert, sollte festgenommen werden. Betroffen waren vor allem Eritreer und Sudanesen, deren Heimat-Regierungen für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden. Das UNHCR äußerte Bedenken.