Der OECD-Steuerexperte Achim Pross sieht weltweit große Fortschritte im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Es gibt nur noch wenige Kleinstaaten, die sich verweigern.

Berlin - Nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Panama tritt die Industrieländer-Organisation OECD dem Eindruck entgegen, im weltweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung sei wenig passiert. „Wir dürfen jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten“, sagte der OECD-Steuerexperte Achim Pross dieser Zeitung. Dass die panamaische Finanzkanzlei Mossack Fonseca mehr als 200 000 Briefkastenfirmen für Geschäftsleute, Politiker und Sportler führte, hatte weltweit Empörung ausgelöst. Pross erwartet, dass die Berichte über Panama dazu führen werden, dass der Druck auf unwillige Länder steigt. Er lässt aber keinen Zweifel daran, dass Panama nicht die Regel sei. In der öffentlichen Debatte werde übersehen, dass sich knapp 100 Länder am automatischen Informationsaustausch von Bankdaten beteiligten, sagt der Steuerfachmann, der seit vielen Jahren an der Umsetzung globaler Standards mitwirkt. In den vergangenen Tage hatte der OECD-Generalsekretär Angel Gurría gesagt, Panama sei „der letzte große Verweigerer“, der es erlaubt, dass Geld in wenig regulierte Finanzplätze transferiert und vor den Steuerbehörden und der Justiz versteckt wird.

 

Mehrere Kleinstaaten sperren sich

Gegen diese Vorwürfe wehrt sich die Regierung von Panama. Doch die OECD informierte die Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) schon vor Monaten, dass sich Panama nicht an die Vereinbarungen hält. Nach der Analyse der OECD sperren sich weitere Kleinstaaten dagegen, am automatischen Informationsaustausch von Bankdaten teilzunehmen. Dazu gehören das Königreich Bahrain, das im Persischen Golf liegt. Auch die Inselstaaten Vanuatu und Nauru im Pazifik machen beim weltweiten Standard nicht mit. Dabei handelt es sich aber um unbedeutende Plätze für Geldgeschäfte.

Alle europäischen Länder und die großen Finanzzentren auf der Welt schlossen dem neuen Standard an. Beim Kampf gegen Steuerbetrug sei in den vergangenen Jahren viel passiert. „Die Staatengemeinschaft hat, aufgeschreckt durch frühere Skandale, mir rasender Geschwindigkeit ein neues System aufgebaut, um grenzüberschreitenden Steuerbetrug zu verhindern“, sagt Pross. Die neuen Richtlinien würden gerade umgesetzt. Weil dazu auch gesetzliche Änderungen notwendig sind, brauche das Zeit. „Weltweit gültige Standards können nicht von einem Tag auf den anderen eingeführt werden“, betont Pross. Die Arbeit sei aber weit fortgeschritten.

Schon jetzt würden in mehr als 50 Ländern der Welt die Daten für den automatischen Informationsaustausch gesammelt. Dazu gehört auch Deutschland. Die deutschen Banken und Sparkassen erheben seit Jahresbeginn alle Kontodaten von ausländischen Steuerbürgern und leiten sie im nächsten Jahr an die Steuerbehörden des Heimatlandes weiter. Umgekehrt erhält auch Deutschland die Steuerdaten seiner Bürger aus anderen Ländern. Wer in Deutschland lebt und zum Beispiel ein Konto in der Schweiz, Liechtenstein oder den Kanalinseln besitzt, muss damit rechnen, dass das Finanzamt davon erfährt. Dies geschieht in zwei Wellen. Rund 50 Länder sammeln schon jetzt die Daten und übermitteln sie im nächsten Jahr. Etwa 40 Länder, darunter beispielsweise die Schweiz, fangen mit der Erhebung zum Jahresende an und leitet die Daten im Jahr 2018 weiter. Der OECD-Steuerexperte vergleicht dies mit einem Eisberg, dessen größter Teil unter der Wasseroberfläche liegt. „Wie viel schon geschehen ist, wird erst im nächsten Jahr sichtbar, wenn die Bankdaten ausgetauscht werden“, sagt er. Mit dem Austausch der Bankdaten „bekommen wir in Zukunft ein Maximum an Offenlegung“, meint Pross. Wichtig sei nun, dass die Länder die Regeln umsetzten, die sie vereinbart haben. Da der Standard für den automatischen Informationsaustausch erst im Juli 2014 entwickelt worden sei, sei die Einführung der neuen Vorschriften schnell vorangekommen. Das sieht auch die Bundesregierung so. „In den vergangenen drei Jahren ist mehr passiert als in den 30 Jahren davor“, erklärt ein Sprecher des Bundesfinanzministerium.

Meldepflichten für Fonds und Versicherer

Reicht der Austausch von Bankdaten aus, um die Schlupflöcher zu stopfen? Die OECD ist von der Wirksamkeit überzeugt: Der automatische Informationsaustausch gelte nicht nur für Banken, sondern beispielsweise auch für Investmentfonds und Versicherungen. Die Finanzakteure seien verpflichtet, den wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren und den Behörden zu melden. Das gelte auch für große Stiftungen. „Wenn diese Verpflichtung in fast 100 Ländern umgesetzt ist, wird es für Steuerbetrüger eng“, zeigt sich Pross überzeugt. Doch wird die Strategie nicht unterlaufen, wenn wie im Fall Panamas Finanzkanzleien Briefkastenfirmen gründen? Auch dies werde mit dem neuen Regelwerk schwieriger. Wenn eine Anwaltskanzlei eine Firma gründet, müsse die Firma das Vermögen irgendwo aufgewahren. „Das geht nicht ohne das Finanzsystem, das sich an die neuen Standards halten muss“, so Pross. Im Übrigen griffen auch Geldwäschevorschriften, an die Banken und Notare gebunden sind. Der OECD-Experte lässt keine Zweifel: Die Luft für Steuerbetrüger wird dünn.