Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt verändern. Elektroingenieure und Informatiker werden dabei die Hauptakteure sein.

Laut einer aktuellen Studie des World Economic Forum zur Zukunft der Arbeit werden aufgrund rapider technologischer Fortschritte weltweit 5,1 Millionen Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020 wegfallen. „Diese düstere Vision können wir überhaupt nicht teilen“, sagt Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Große Automationswellen in den vergangenen Jahrzehnten hätten weder zur Auslöschung von Berufen geführt noch die Beschäftigung insgesamt verringert. Der Verband liefert ein Beispiel, das die These des Forums widerlegt: Deutschland habe die dritthöchste Roboterdichte der Welt und hat dennoch einen neuen Beschäftigungsrekord aufgestellt.

 

Nach Informationen des VDMA setzten Automatisierungsansätze der Industrie 4.0 auf die Kombination spezifisch menschlicher und maschineller Stärke. Und noch mal bemüht der Verband das Beispiel Roboter, um praktisch zu zeigen, was gemeint ist: Während der Roboter schwere Teile hält und präzise positioniert, konzentriert sich der Mensch auf Aufgaben, die besonderes Geschick, Feingefühl und Flexibilität erfordern. Roboter ersetzen menschliche Arbeit nicht, sie unterstützen sie. Industrie 4.0 löscht keine Berufe aus, aber sie verändern sich: Sie werden anspruchsvoller und Routinetätigkeiten zunehmend automatisiert.

Internet der Dinge

Die digitale Fabrik, Industrie 4.0, ist ein Teil vom Internet der Dinge. Darunter versteht man, dass alle Dinge über das Internet verbunden sind und sich darüber austauschen. Das Auto mit der Ampel, der Kühlschrank mit dem Kaufladen, der Regenschirm mit der Wettervorhersage. Regnet es bald, ändert sich die Farbe des Schirms. Über all dem thront der Begriff Digitalisierung. Das bedeutet, dass es eine reale Welt und eine digitale Welt als dessen Klon gibt. Den Regenschirm gibt es in echt und er schützt auch weiterhin vor dem Nasswerden. Er ist aber auch mit dem Internet verbunden und damit digital vorhanden.

„Die Automobilindustrie ist von allen Branchen am weitesten voran in der Digitalisierung“, sagt Dr.-Ing. Dagmar Dirzus, Geschäftsführerin der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik in Düsseldorf. „Das zeigen Ansätze wie digitale Prototypen bis hin zu ‚Mercedes Me‘, ‚BMW on demand‘ und der Online-Vermittlungsdienst für Fahrdienstleistungen ‚Uber & Co‘. Diese Angebote werden über das Internet zur Verfügung gestellt und von Informatikern entwickelt.

Im Auto selbst verrichten immer mehr Assistenzsysteme Dienste, gemeinsam entwickelt von Elektroingenieuren und IT-lern. Und schließlich wird die Produktion von Autos zunehmend digitalisiert. „Auch dabei arbeiten Informatiker und Elektroingenieure Hand in Hand.“ Die Ingenieure konfigurieren die Software für die Assistenten hardwarenah, Informatiker programmieren die Internetanwendungen in Hochsprachen. Die VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik hat fünf Felder definiert, in denen sie starke Trends zur Digitalisierung sieht. Das sind: Industrie 4.0, Städte und Mobilität, Building Information Modeling, Additive Fertigung und die Arbeit der Zukunft. Für Dirzus und viele andere Experten ist die Digitalisierung eine „Revolution auf vielen Ebenen, die unser Leben nachhaltig verändern wird“. Getrieben und umgesetzt von Elektroingenieuren und Informatikern und bereitgestellt von den Branchen, für die sie ausgebildet werden.

Im vergangenen Wintersemester hatten sich laut Mitteilung des Statistischen Bundesamts 36.000 Studierende in ihr erstes Hochschulsemester in Informatik eingeschrieben. Das entspricht einer Steigerung von 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die IT ist eine Wachstumsbranche. Im Herbst 2015 meldete der Industrieverband Bitkom „erstmals mehr als eine Million Beschäftigte in der IT-Branche“. Damit seien in den vergangenen fünf Jahren rund 135.000 neue Arbeitsplätze entstanden, so dessen Geschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Hohe Abbrecherquote

Zum selben Zeitpunkt meldete der Verband 43.000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Eine Umfrage hat ergeben, dass ITSicherheit, Cloud-Computing und Industrie 4.0 die drei wichtigsten Digitalthemen des Jahres 2016 sind. IT-Sicherheitsexperten gehören zu den gefragtesten Mitarbeitern.

Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) prognostiziert für 2016 ein Umsatzwachstum von zwei Prozent auf 182 Milliarden Euro. Diese Branche hat rund 853.000 Beschäftigte, davon sind 180.000 Ingenieure, 100.000 haben Elektrotechnik studiert. Die Zahl der Erstsemester in diesem Fach hat 2015 im Vergleich zum Vorjahr mit 17.400 stagniert. Etwa halb so viele schließen jährlich ihr Studium ab. In der Elektrotechnik ist die Abbrecherrate hoch: Jeder Vierte gibt auf oder scheitert an dieser Disziplin.