Nördlich von Sizilien haben Vulkane sieben paradiesische Inseln geschaffen: Lipari, Vulcano, Salina, Filicudi, Alicudi, Panarea und Stromboli.

Lipari - Gilberto legt Tomaten auf die Weißbrothälfte, gießt einen Schuss Ölivenöl darüber, verfeinert sie mit Kräutern, Sardellen und Mozarella. Kurz überbacken, fertig ist die Marschverpflegung. Wer auf den Liparischen Inseln wandert, kommt an Panino-König Gilberto Sciacchitan nicht vorbei, 26 verschieden belegte Panini stehen auf der Karte seines Lokals, übersetzt in 16 Sprachen. Jedes belegte Brot hat eine Geschichte und trägt den Namen eines Gastes. „Dario hieß der Schüler aus Stromboli“, erinnert sich Gilberto, während seine Brille Richtung Nasenspitze balanciert, „er liebte die Brötchen mit getrockneten Tomaten und sizilianischem Käse.“ Gilberto ist auch ein Erzählkönig, stundenlang kann er mit seinen Gästen plaudern.

 

In der Zeit schmiert seine Frau Vera weiter. Seit 25 Jahren produzieren die beiden die besten Panini auf Lipari, der Hauptinsel der sieben Liparischen Inseln nördlich von Sizilien. In der Hochsaison ziehen die Gäste eine Nummer - und warten geduldig bis zu einer Stunde auf ihre Mahlzeit. Ein Tragflügelboot bringt die Wanderer jeden Tag auf eine andere Insel. Alle sieben Inseln sind vulkanischen Ursprungs. Das älteste Gestein ist der Stromboliccio, ein Fels im Meer, der vor circa 230 000 Jahren entstand. Jede Insel hat heute ihren eigenen Charakter. Auf der „grünen Insel“ Salina stiefelt man durch einen duftenden Pinienwald, vorbei an Kaktusfeigen und Weingärten. Am Wegesrand wachsen üppige Farne, rosafarbene Zistrosen und Kapernblüten.

Auf Salina wird die Hälfte aller italienischen Kapern geerntet. Die Insel Panarea ist ebenso blumig. Hier duften Hibiskus und Oleander. Edelboutiquen und Feinschmeckerrestaurants locken reiche Norditaliener her. Ganz anders sind Filicudi und Alicudi. Dort ist der Luxus die Abgeschiedenheit. Jedes Jahr erobert die Macchia die frei geschnittenen Wanderpfade und Treppenwege erneut. Im Erdgeschoss der Insel gehört zu jedem Haus ein Boot. Lipari, die quirlige Hauptinsel, ist die einzige mit einer richtigen Stadt. Trotzdem hat sie ihre Ursprünglichkeit bewahrt. In den Gassen reihen sich familiengeführte Restaurants und Cafés. Im Hafen flicken die Fischer ihre Netze in der Abendsonne. Über allem thront die Festung mit ihren mächtigen Mauern wie eine Matrone. Im Laufe der Geschichte herrschten Griechen, Römer, Araber, Normannen und Bourbonen über die Liparen.

Hier fauchen und dampfen die Vulkane

Dass die Stadt schon vor 6000 Jahren besiedelt war, bezeugen Funde aus 23 Schiffswracks und Urnengräbern. Vieles davon kann man im archäologischen Museum bestaunen. Einen großen Kontrast dazu bilden die Lavahänge auf Vulcano und Stromboli. Hier fauchen und dampfen die Vulkane. Nach der Wanderung kann man dort in natürlichen, warmen Fangoseen, gespeist aus unterirdischen Schwefelquellen, baden. Dabei schauen die Köpfe der Badenden aus dem weißen, blubbernden Vulkanschlamm wie Bojen aus einem Milchsee. Unterirdische Gase lassen an bestimmten Stellen auch das Meer gurgeln und sprudeln. Diese „Zonen der warmen Wasser“ nutzten schon die Römer für gesundheitsfördernde Meerbäder.

Vulcano ist die drittgrößte und älteste der Liparischen Inseln und Namensgeber für das Wort Vulkan an sich. In der römischen Mythologie bezeichnete man sie als Schmiede des Feuergottes Vulcanus. Das letzte Mal zürnte er 1890. Forscher vermuten, die Zeit sei reif für den nächsten Ausbruch. Ausgestattet mit zahlreichen Messinstrumenten gilt er deshalb als einer der bestüberwachten Vulkane. Ebenso der Stromboli. Europas einzig ständig aktiver Vulkan spuckt alle 20 Minuten seine Lava gen Himmel. Scharen von Touristen kommen, um einmal im Leben das Naturspektakel auf dem 1000 Meter hohen Krater zu erleben. Giuseppe de Rosa läuft an die 120-mal im Jahr hinauf. Dabei überprüft er einige der 30 Messstationen.

An das Leben mit „Iddu“ haben sich die Einheimischen gewöhnt

Für den 39-jährigen Vulkanologen mit seinen brikettschwarzen Locken und den ebenso dunklen Augen war der Ausbruch vor sechs Jahren richtig spannend: „Wir waren gerade beim Abendessen. Als ich davon erfuhr, machte ich mich sofort auf den Weg. Selbst der Sand hat vor Elektrizität geblitzt, es war fantastisch“, erinnert er sich. An das Leben mit „Iddu“ haben sich die Einheimischen gewöhnt. „Er“, wie sie den Vulkan liebe- und respektvoll nennen, ist für sie wie ein Mensch, der lebt und atmet und eben auch mal schlechte Laune hat.

An diesem Tag ist Iddu gut gelaunt; die Sonne zwinkert ihm zu. Mit Taschenlampe, Helm und Pullover im Gepäck geht es durch den Ort vorbei an der Bar Ingrid, benannt nach der Schauspielerin Ingrid Bergmann, die 1949 hier den Tragik-Film „Stromboli - Terra di duo“ drehte. Der Weg führt über einen steinigen, grün bewachsenen Pfad. Später gibt die Vegetation den Blick aufs Meer frei. Vor der Küste liegt ein Kreuzfahrtschiff, auf Spielzeuggröße geschrumpft. Bergführer Antonio hält Funkkontakt mit seinen Kollegen, um die Gruppen zu koordinieren. Hunderte besteigen im Sommer täglich den Stromboli. Doch auf eigene Faust darf niemand hoch. Während die Sonne sich in einen glutroten Ball verwandelt, wird der Anstieg steiler, der Schweiß rinnt. Hin und wieder hört man den Vulkan fauchen.

Oben angekommen reihen sich die Wanderer nach Anweisung der Guides am Kraterrand auf. Wie zur Begrüßung fängt Iddu an zu grummeln. Leiser Donner kündigt die Eruption an. Plötzlich schleudert eine meterhohe Feuerfontäne wie eine Rakete in den Himmel. Ahs und Ohs ertönen, Fotoapparate klicken. Viermal spuckt der Vulkan an diesem Abend. Man möchte gern noch bleiben und dem nächsten gigantischen Feuerwerk entgegenfiebern. Doch der Bergführer mahnt zum Aufbruch. Im Dunkeln geht es mit Stirnlampen über eine Sandpiste wieder hinab. Um 23 Uhr bringt die Fähre die Vulkanfans zurück nach Lipari. Nach dieser Tour schmecken die belegten Brote noch mal so gut, besonders das Panino Stromboli mit Auberginen und scharfer Salami - feurig wie der Vulkan.

Infos zu den Liparischen Inseln

Anreise
Z. B. mit Lufthansa nach Catania, www.lufthansa.de , ab ca. 200 Euro. Von dort mit dem Airport-Transfer, www.giuntabustrasporti.com , über Messina zur Fähre nach Milazzo. Mit Fähre oder Tragflügelboot weiter nach Lipari, www.siremar.it

Unterkunft
Großzügige Zimmer in ruhiger Lage hat z. B. das Hotel Bougainville, www.hotelbougainvillelipari.com , Doppelzimmer ab ca. 80 Euro pro Person.

Zentraler wohnt man in den Ferienwohnungen von Diana Brown, www.dianabrown.it , Doppelzimmer ab ca. 40 Euro pro Person.

Essen und Trinken
Die Küche ist bodenständig und fischreich. Es gibt viel Lamm, Huhn und Kaninchen. Nur wenig Gemüse, da es teuer vom Festland importiert wird.

Gehoben: Im Fischrestaurant Filippino neben der Burg in Lipari z. B. Thunfischsteak mit gerösteten Mandeln 22 Euro ohne Beilagen, www.filippino.it

Einfach: Die Paninoteca von Gilberto e Vera ist wohl die beliebteste Vinothek auf Lipari (kleines Panini 3,50 Euro, großes 5 Euro), www.gilbteroevera.it

Veranstalter
Z. B. „Liparische Inseln à la carte“, 11-tägige Wanderreise für 1425 Euro inkl. Flug, www.wikinger-reisen.de.

Der Berliner Reiseveranstalter Prima Klima ( www.primaklima.de) hat sich schon vor Jahren auf die Liparischen Inseln spezialisiert und bietet u. a. ausgewählte Unterkünfte (Villen, Ferienhäuser, Apartments) für Selbstversorger. Katalogbestellung unter Tel. 030 / 7 87 92 70 oder info@primaklima.de

Aufstieg auf den Stromboli
Am günstigsten bucht man die Tour direkt auf Stromboli, z. B. für 25 Euro bei Antonio Famularo, www.antoniofamularo.it . Bergstiefel und Taschenlampe sind Pflicht (leihen kostet 6 bzw. 4 Euro). Wer nicht bis auf den Gipfel möchte, der kann auf einen Panoramaweg bis zum alten Observatorium wandern und die Feuerfontänen von der Terrasse der Pizzeria Osservatorio bestaunen.

Literatur
„Liparische Inseln“ von Thomas Schröder, Michael Müller Verlag 2013, 16,90 Euro