Italiens Regierungschef Enrico Letta hatte in einem parteiinternen Machtkampf mit seinem Herausforderer Matteo Renzi den Kürzeren gezogen - und ist jetzt offiziell zurückgetreten. Renzi möchte nun rasche und umfassendere Reformen einleiten.

Italiens Regierungschef Enrico Letta hatte in einem parteiinternen Machtkampf mit seinem Herausforderer Matteo Renzi den Kürzeren gezogen - und ist jetzt offiziell zurückgetreten. Renzi möchte nun rasche und umfassendere Reformen einleiten.

 

Rom - Nach dem offiziellen Rücktritt von Ministerpräsident Enrico Letta sucht Italien nach einem Ausweg aus der Regierungskrise. Staatspräsident Giorgio Napolitano nahm am Freitag den Rücktritt Lettas an. Er wollte noch am Abend mit den Parteien in Rom über die Bildung einer neuen Regierung beraten. Napolitano könnte den Chef der Demokratischen Partei (PD), Matteo Renzi, in den kommenden Tagen mit der Suche einer stabilen Mehrheit beauftragen. Renzi hatte es am Donnerstag geschafft, seine Parteispitze hinter sich zu bringen und Letta damit zum Rücktritt zu zwingen.

In einem Statement Napolitanos hieß es, die Konsultationen sollten „so schnell wie möglich“ abgeschlossen werden. Eine „wirksame Lösung der Krise“ sei in der schwierigen wirtschaftlichen Situation Italiens besonders wichtig. Der Staatspräsident verwies darauf, dass die politischen Reformen dringend fortgesetzt und ein neues Wahlrecht beschlossen werden müssten. Die beiden Oppositionsparteien M5S (Bewegung Fünf Sterne) und Lega Nord kündigten an, die Konsultationen boykottieren zu wollen. Sie forderten, dass Letta sich im Parlament offiziell erklärt.

"Jeder Tag, als wenn er der letzte wäre

Letta leitete am Freitagvormittag seine letzte Kabinettssitzung, bevor er sich am Mittag auf den Weg in die Qurinale-Palast in Rom machte. „Auf dem Weg zum Quirinale um den Staatspräsidenten meinen Rücktritt zu überreichen. Danke allen, die mir geholfen haben. „Jeder Tag, als wenn er der letzte wäre“, schrieb der 47-Jährige auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Lettas Regierung war nur zehn Monate im Amt, das Krisenland Italien bekommt nun seinen dritten Ministerpräsidenten seit dem Rücktritt Silvio Berlusconis Ende 2011.

Die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission reagierten mit Sorge auf die erneute politische Krise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone. „Wir bauen darauf, dass sich die Verantwortlichen in allen demokratischen Parteien rasch auf eine stabile Lösung einigen können“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Italien bleibe ein enger und wichtiger Partner Deutschlands in Europa und der Eurozone.

Die EU-Kommission erinnerte das Land an die eingegangenen Verpflichtungen. Man sei zuversichtlich, dass Italien in der Lage sei, Reformen und Haushaltskonsolidierung fortzuführen, sagte Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde in Brüssel.

Der 39-jährige Renzi gilt nun als unangefochtener Favorit auf die Nachfolge Lettas. Der Bürgermeister von Florenz könnte als neuer Regierungschef wie zuvor auch Letta eine Koalition aus PD, kleineren Zentrumsparteien und der Mitte-Rechts-Partei Nuovo Centrodestra (Ncd) hinter sich versammeln.

Schon bis Mitte der nächsten Woche könnte eine Ministerliste vorliegen, Spekulationen über eine Kabinettsriege gab es bereits vor Lettas Rückzug. Anschließend müsste sich Renzi Vertrauensabstimmungen in den Kammern des Parlaments stellen.

Offen ist, welche Rolle Silvio Berlusconi nach dem Neustart spielen wird. Renzi hat gegenüber dem im November aus dem Senat ausgeschlossenen und rechtskräftig verurteilten früheren Regierungschef bisher keinerlei Berührungsängste gezeigt. Berlusconis Partei Forza Italia (FI) kündigte umgehend an, dass der dreimalige Regierungschef ihre Gruppe bei den Konsultationen mit Napolitano leiten werde.

Renzi war im Dezember mit großer Mehrheit zum PD-Vorsitzenden gewählt worden und hatte seitdem immer wieder gegen Letta geschossen. Der oft als populistisch kritisierte Jurist will Italien mit raschen und konsequenten Reformen bis 2018 regieren.

Die Startvoraussetzungen für eine neue Regierung sind nicht schlecht: Nach jüngsten Zahlen hat die italienische Wirtschaft zum Jahresende eine Trendwende geschafft und ist erstmals seit Mitte 2011 wieder gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im vierten Quartal 2013 um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie die Statistikbehörde Istat am Freitag in Rom mitteilte. Im dritten Quartal hatte das BIP noch auf der Stelle getreten. Die Mailänder Börse zeigte sich am Freitag wenig beeindruckt von dem anstehenden Regierungswechsel. Sie lag bis zum Mittag klar im Plus.