Anfang Februar durften viele Museen in Italien wieder öffnen. Die Italiener nutzen nun die Gelegenheit, ihre Kunstdenkmäler ganz touristenfrei zu genießen.

Rom - Feature - Seit Anfangt Februar dürfen die Italiener ihre Museen wieder besuchen – ohne den sonst üblichen Touristenansturm ganz ohne das übliche Gedränge und die langen Schlangen. Sie besuchen Kunstdenkmäler wie die Vatikanischen Museen oder den Mailänder Dom und nehmen dafür gern die Verpflichtung zur Voranmeldung in kauf, die vielerorts gilt. In einigen Häusern wie dem Museo Egizio in Turin waren die Karten in den ersten Tagen binnen Stunden ausverkauft.

 

Die Öffnung der Museen sei in einem Moment der Isolation besonders wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagt Flaminia Gennari Santori, die Direktorin des Palazzo Barberini in Rom: „Auch allein ein Museum zu besuchen, stärkt den Geist.“ In dem Palazzo bewundern die Besucherinnen und Besucher in diesen Tagen ungestört Caravaggios „Narziss“, der melancholisch ins eigene Spiegelbild vertieft ist. Und sie erleben den Barock-Palast als Gesamtkunstwerk, wenn sie die weitgehend leeren Treppenhäuser der Baukünstler Gian Lorenzo Bernini und Francesco Borromini durchschreiten.

Museen müssen ihre Funktion überdenken

Im vergangenen Jahr brachen die Besucherzahlen in den staatlichen italienischen Museen um durchschnittlich 75 Prozent ein. Anstatt 240 Millionen Euro nahmen sie aus dem Verkauf von Eintrittskarten nur 60 Millionen ein.

Um die aktuelle Krise zu überwinden, müssten sie ihre Funktionen überdenken, sagt Massimo Osanna, ehemaliger Leiter der Ruinenstadt Pompeji und im italienischen Kulturministerium für Museen zuständig. Sie müssten sich zu offenen Zentren entwickeln: „Museen müssen attraktiver für diejenigen werden, die in der Umgebung wohnen, sie müssen zu Orten werden, die man aufsucht, um ein Meisterwerk zu bewundern, aber auch um Menschen zu begegnen oder an einer Veranstaltung teilzunehmen.“

Forderung nach Planungssicherheit

Der Mangel an Touristen sei ein „Riesen-Thema“, räumt auch Fabio Merosi ein, Direktor des Palazzo delle Esposizioni in Rom. „Wir machen gute Miene zum bösen Spiel“, sagt er und beklagt die mangelnde Planungssicherheit. Der riesige Palazzo an der Hauptverkehrsader Via Nazionale zwischen Hauptbahnhof und Forum Romanum zeigt zeitgenössische Kunst, ebenso wie die dazugehörigen Museen im ehemaligen Schlachthof Mattatoio und der ehemaligen Brauerei Macro.

Kulturinteressierte Römer, aber auch Passanten und Touristen strömen normalerweise auf dem Weg in die Altstadt am Palazzo delle Esposizioni vorbei. Das Infektionsrisiko sei gering, versichert Merosi, denn nur 50 Menschen dürften gleichzeitig die 3000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche besuchen. Die Öffnung der Museen auch in Krisenzeiten sei wichtig, findet er: „Vor allem in der zweiten Corona-Welle, in der sich Pandemie-Müdigkeit bemerkbar macht.“

In 20 Regionen sind Museen bereits wieder geschlossen

Vor dem Eingang des Museums des Friedensaltars von Kaiser Augustus sonnen sich auf Travertinbänken junge Mädchen und ein Obdachloser. Drinnen tummeln sich die Besucher auf der Suche nach Anregung und Ablenkung: Sobald die Türen des Museo dell’Ara Pacis am Morgen geöffnet werden, füllen sich die Räume. „Das hat uns überrascht, aber die Leute hatten es offenbar nötig“, sagt eine Museumswärterin.

Zurzeit sind dort Schwarzweiß-Fotos zu sehen, die der tschechische Magnum-Fotograf Josef Koudelka im Mittelmeerraum von römischen und griechischen Ruinen gemacht hat. Eine Römerin seufzt beim Anblick der Bilder antiker Baudenkmäler in Nordafrika: „Ägypten und Libyen, da kann man jetzt nicht hinreisen.“ Ein junger Mann besucht die Ausstellung gemeinsam mit seiner Freundin. Er gehe ins Museum, um auf andere Gedanken zu kommen, sagt er: „Und um den Geist zu wecken.“

Die neugewonnene Freiheit aber ist zerbrechlich: Seit Anfang der Woche dürfen in vier der 20 italienischen Regionen die Museen ihre Türen nicht mehr öffnen, weil sie im Ampelsystem zur Risiko-Klassifizierung nicht mehr gelb, sondern orange eingestuft sind. Damit mussten beispielsweise die Uffizien in Florenz nach zwei Wochen schon wieder schließen.