Die Eislinger Band Itchy Poopzkid hat ihrem neuen Album „Six“ den Ratgeber „How to survive as a rock band“ hinzu gefügt. Mit beiden Neuerscheinungen begibt sich das inzwischen in halb Europa erfolgreiche Trio jetzt auf Tour.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Eislingen - Die lange Zeit des Wartens ist vorbei. An diesem Freitag erscheint die neue Scheibe von Itchy Poopz-kid. Die Fans der Eislinger Punkband haben gespannt darauf gewartet, und nicht minder gespannt sind Sebastian Hafner, Daniel Friedl und Max Zimmer – oder kurz: Sibbi, Panzer und Max – auf die Reaktionen. 16 Monate lang hat das Trio an seinem sechsten Album gebastelt, das schlicht den Namen „Six“ trägt. „Und da steckt natürlich nicht nur ein riesiger Haufen Arbeit, sondern auch jede Menge Herzblut drin“, erklärt Panzer.

 

Zweifel sind ausgeschlossen. Schließlich agiert die selbsterklärte „trendresistente Non-Hit-Wonder-Band“ gewissermaßen autark. Musik und Texte werden nicht nur im Team geschrieben und produziert. Auch der Vertrieb und das Marketing erfolgt über die eigene Plattenfirma. „Da musst du dich, zusammen mit den Leuten, die um uns rum sind, um alles selbst kümmern“, sagt Max. Klagen wolle und werde er deshalb aber nicht. „Wir haben uns das schließlich genau so ausgesucht.“

Mehr als Fun, Pogo und Hau-drauf

Das Ergebnis kann sich sehen und vor allem hören lassen. „Six“ ist ein Album aus einem Guss. Ganz gleich ob sanfte Balladen oder harte Kracher, die Songs stehen in einer Linie und haben auch textlich mehr zu bieten als Fun, Pogo oder Hau-drauf. „Dancing in the sun“ etwa hat musikalisch durchaus das Format, ein Hit zu werden, und ist dennoch ein hochpolitisches Lied. „Wir sprechen gesellschaftliche Missstände an, wie Kriege oder Hungersnöte, indem wir singen, dass die jetzt alle vorbei sind“, betont Sibbi. So habe die Sache nichts Belehrendes oder Plumpes und sei obendrein fröhlich verpackt.

Zum gewohnten Produktions-Programm haben Itchy Poopzkid dieses Mal noch ein Projekt angepackt. Die Punks sind unter die Autoren gegangen und haben einen Überlebens-Ratgeber unter dem Titel „How to survive as a rock band“ verfasst. Und genau so frisch, frech und abwechslungsreich wie ihre Musik kommt auch das Buch daher, das es vorerst für 29,99 Euro nur im Paket mit der CD zu kaufen gibt.

Auf 200 Seiten findet der Leser darin zum einen Ausschnitte der rund 800 Konzertberichte, die im Laufe von mittlerweile 14 Band-Jahren entstanden sind. Zum anderen gibt der Schmöker aber auch zahllose Hinweise darauf, welche Hürden sich einer Musiker-Karriere in den Weg stellen können und wie sich diese am besten umgehen oder überspringen lassen.

Der Doppel-Premiere folgen die Live-Acts

Nicht nur in den Kapiteln „Was Produzenten sagen und was sie meinen – Ein Übersetzungsguide“ oder „Vorher überlegen, wen man beleidigt“ kommen dabei auch all jene auf ihre Kosten, die hinter die Kulissen der Branche blicken möchten. So hat es sich als ungeschickt erwiesen, bei einem Konzert in Thüringen die Besucher dazu aufzufordern, dem Ministerpräsidenten den Stinkefinger zu zeigen. „Später ließ man uns dann wissen, dass dieser als Schirmherr der vierteiligen Veranstaltungsreihe fungierte, die für uns nach Teil eins beendet war“, erinnert sich Sibbi.

Der jetzigen Doppel-Premiere fiebern die Itchys, die sich zu ihren offenkundig ungeliebten Proben nach wie vor in Salach treffen, um so mehr entgegen. „Das Buch haben unsere Fans ebenso gefordert wie eine neue CD. Jetzt bekommen sie beides auf einmal“, betont Panzer, der sich ebenso wie seine Kollegen auf die bevorstehenden Auftritte freut. Einer bereits ausverkauften Club-Tour in den nächsten zwei Wochen folgen im Sommer rund zwei Dutzend Festivals. Von Mitte Oktober an geht es dann auf eine sechswöchige Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das Finale am 29. November steigt im LKA Longhorn in Stuttgart.

Für einen Moment wird Sibbi, der immer noch in Eislingen lebt, nachdenklich. „Es ist schon etwas seltsam, dass wir überall rumkommen, aber zwischen Stuttgart und Ulm schon seit langem nicht mehr gespielt haben“, sagt er. Sollte die Chapel im Göppinger Stauferpark jetzt wirklich saniert werden, könne sich das aber durchaus wieder ändern, ergänzt er.

Nachgefragt bei Sebastian „Sibbi“ Hafner

„Wir haben einfach Spaß“

Als Eislinger Schulband hat Itchy Poopzkid im Jahr 2001 angefangen. Heute spielt die Gruppe auf großen Festivals und tourt durch Europa. Sebastian „Sibbi“ Hafner (32) ist als Sänger und Gitarrist von Anfang an mit von der Partie und bereut bis jetzt keine Sekunde seiner Musikerkarriere.
Herr Hafner, sind Sie mit Itchy Poopzkid inzwischen da angekommen, wo Sie immer hin wollten?
Bitte nicht Herr Hafner. Ich heiße Sibbi.
Okay, Sibbi. Seid ihr inzwischen da angekommen, wo ihr immer hin wolltet.
Es ist natürlich geil, dass wir seit zehn Jahren von unserer Musik leben können. Aber ankommen wird man in diesem Business wohl nie. Ob Punk, Pop oder Klassik. Musik ist immer ein Prozess.
Itchy Poopzkid gehört im Punkrock aber schon zur Bundesliga?
Sagen wir es mal so, wir haben schon alles Mögliche erlebt. Wir sind vor fünf Leuten, aber auch vor 30 000 Besuchern aufgetreten. Wir haben in verschimmelten Clubs auf dem Boden pennen müssen und sind im komfortabeln Luxus-Liner getourt. Es stimmt aber, dass unsere Fangemeinde immer größer wird.
Weil ihr gefälliger werdet und hin und wieder auch ruhigere Lieder spielt?
Nee, sicher nicht. Wir machen uns keine Gedanken darüber, gefälliger sein zu müssen, da wir keinem Verlag oder Plattenlabel gerecht werden müssen. Und Balladen haben wir schon immer im Programm.
Aber der Bandname Itchy Poopzkid ist in der Szene doch inzwischen angekommen.
Er ist einzigartig und wird nach wie vor in unterschiedlichster Form geschrieben. Ich bin inzwischen überzeugt, dass unser Name nie kein Problem sein wird.
Andere Gruppen, auch im Göppinger Raum, hatten vielleicht coolere Namen, sind aber von der Bildfläche verschwunden.
Das stimmt und ist sehr schade, denn da waren richtig Gute darunter. Das ist ja auch mit ein Grund, warum wir jetzt unseren Ratgeber geschrieben haben. Ich denke, dass da manch junge Band davon profitieren kann. Beruflich Musik zu machen ist ein Traum, der ewig dauern kann. Manchmal ist das zwar auch ganz schön anstrengend, hat für uns aber nix mit Arbeit zu tun. Wir haben einfach Spaß.